ARgE Zustände
...in den bayerischen Sonderlagern
Seit Herbst 2015 gibt es in Bamberg und Ingolstadt/Manching die sogenannten Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen (ARE). Ziel der Bayerischen Regierung ist es, dort Menschen denen eine „schlechte Bleibeperspektive“ unterstellt wird, möglichst schnell zur „freiwilligen Ausreise“ zu bringen oder abzuschieben. Die Asylanträge sollen hier in Schnellverfahren bearbeitet werden. Bewohnerinnen und Bewohner werden isoliert, haben kaum Zugang zu Sozial- oder Rechtsberatung und sind schutzlos der Behördenwillkür ausgeliefert.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bayerischen Flüchtlingsrates versuchen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in Kontakt zu kommen und ehrenamtliche Strukturen aufzubauen. In Ingolstadt gibt es regelmäßig ein Infozelt vor den Unterkünften, um Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen. So können die Unterstützerinnen und Unterstützer zu Anwältinnen und Anwälten vermitteln, sammeln Informationen über Zustände und Abläufe in der ARE.
Hier entstand auch der Kontakt zu Familie Gashi. Der zweijährige Sohn der Familie leidet an einem Gehirntumor mit daraus folgender Epilepsie. Da dies im Kosovo nicht behandelt werden kann und der Junge somit mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben würde, ist die Familie nach Deutschland gekommen, um den Tumor in einer Spezialklinik entfernen zu lassen. Doch anstelle einer schnellen Hilfe wurde die Familie achtmal verlegt und landete schließlich in der ARE. Die Unterbringungsweise war für die Familie ein Schock und weder für den kranken Jungen noch für die hochschwangere Mutter zumutbar.
Mit Hilfe einer Anwältin konnte ein Abschiebeschutz für dem Jungen erwirkt werden, so dass eine Behandlung stattfinden kann. Obwohl dies der zentralen Ausländerbehörde mitgeteilt wurde, verkündete der zuständige Sacharbeiter, er hätte keine Kenntnis von einem Abschiebeverbot, nahm alle Passdokumente der Familie an sich und wies sie auf die bevorstehende Abschiebung hin. Erst auf Druck der Bayerischen Flüchtlingsrates bekam die Familie eine Duldung.
Ein Versehen hieß es von der Ausländerbehörde. Mittlerweile ist der kleine Junge in der Klinik, wo Untersuchungen für die Operation durchgeführt werden.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner berichten auch, dass sie schon länger in Deutschland dezentral untergebracht und an soziale Strukturen angebunden waren, bevor sie in die ARE verlegt wurden. So wurde ein Mann, der seit 24 Jahren in Deutschland gelebt und gearbeitet hat, plötzlich in die ARE verlegt und kürzlich sogar trotz anwaltlicher Unterstützung abgeschoben. Selbst Kinder, die davor eine reguläre Schule besucht haben, werden in die ARE verlegt und bekommen dort nur eine Minimalbeschulung auf Englisch von zwölf Stunden pro Woche.
Auch die Unterbringung und Versorgung stehen stark in der Kritik. In der ARE in Bamberg müssen sich fremde Männer und Frauen auf engsten Raum, ohne Privatsphäre, zusammen eine Wohnung teilen. Uns wurde berichtet, dass selbst Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben und unter PTBS leiden, hiervon nicht ausgenommen werden. Essen gibt es nur zu bestimmten Zeiten in der Kantine. Hierbei wird auch nicht auf die besonderen Bedürfnisse von schwangeren Frauen und Kleinkindern Rücksicht genommen.
Entgegen der Behauptung der Regierung, es gäbe für Betroffene nur eine kurze Verweildauer in den AREn, sitzen viele unter den schäbigen Bedingungen bis zu sieben Monaten fest. Darunter einige, die über Monate keine Geldleistungen mehr bekommen.
Der Bayerische Flüchtlingsrat setzt sich für Schließung der AREn ein und fordert ein gerechtes, individuelles Asylverfahren und eine menschenwürdige Behandlung für alle Geflüchteten, egal woher sie kommen.
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