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Refugee-Rights-Konferenz 2.0 in Nürnberg setzt neue Maßstäbe

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Vom 12. – 13.Juni 2010 trafen sich über 80 Flüchtlinge aus über 13 Lagern und UnterstützerInnen aus ganz bayern zur zweiten Refugee-Rights-Konfernz in Nürnberg. Nach den mehr oder weniger erfolgreichen Kämpfen der vergangenen zwei Jahre war es an der Zeit, die Ergebnisse aus zu werten, weitere Schritte zu planen und das erstarkte Netzwerk zu festigen. Die überraschend gute Beteiligung und die konzentrierte Arbeitsatmosphäre beeindruckten alle Beteiligten; Missstände wurden weiterhin angeprangert, den fortbestehenden Forderungen neuer Nachdruck verliehen.

Wenige Tage vor der Konferenz  ließ das Bayerische Innenministerium verlauten, die Residenzpflicht für Flüchtlinge vom Landkreis auf den Regierungsbezirk aus zu weiten. Diese Vergrößerung ihres „Gefängnisses“ sorgte nicht nur für Freude, sondern auch für Kritik und rege Nachfragen. Neben der Verbesserung in Fragen der Lagerunterbringung für Familien, Alte, Kranke und über 4 Jahre nach Asylverfahren immer noch zwangsuntergebrachte stellte dieser Punkt denn auch einen wichtigen Punkt während der Debatten dar. Bleiben alle Lager in Betrieb? Wie lange werde ich noch auf den Ausgang meines Asylverfahrens warten müssen, bis endlich die 4-Jahres-Frist beginnt? Zwei Mal bin ich beim unerlaubten  Verlassen meines Landkreises erwischt worden, bekomme ich die Ausweitung auf den Regierungsbezirk trotzdem? Ich lebe in Neu-Ulm, mein Bruder in Ulm. Muss ich weiterhin jeden Besuch genehmigen lassen? Mit der Beantwortung dieser brennenden Fragen wendeten sich die Flüchtlinge gleichsam ihrem von rassistischen Sondergesetzen geprägten Alltag zu. Zusammen mit den angereisten UnterstützerInnen wurden die Kämpfe aus den vergangenen Monaten ausgewertet und die Erfolge kritisch hinterfragt. Stehen die Bündnisse vor Ort gegen willkürliche und schikanöse Ausländerbehörden? Gibt es überhaupt überall Deutschkurse, die diesen Namen verdienen? Wer hilft vor Ort gegen die andauernde Verweigerung der Reiseerlaubnis und das Spießrutenlaufen beim Antrag auf einen Krankenschein? Sind wir mit den beeindruckend starken Kämpfen gegen die Essenspakete unserer Forderung nach Bargeld statt Essenspakete wirklich näher gekommen? Bald war klar, dass erst ein Anfang, wenn auch ein starker Anfang gemacht wurde.

Denn auch wenn in Nürnberg, Regensburg, Augsburg, Passau und anderenorts starke Bündnisse gewachsen sind, so stehen Flüchtlinge in der Fläche oftmals immer noch alleine da. Für ihre Kämpfe aber brauchen sie das Engagement starker gesellschaftlicher Gruppen. Denn Bargeld statt Essenspakete, Gebrauchtkleidung und Kleidergutscheinen, ein Ende der medizinischen Unterversorgung, einen Zugang zum Arbeitsmarkt, der diesen Namen auch verdient und ein Ende der Residenzpflicht bleiben ebenso auf der Agende der Kämpfe wie die nach wie vor desasterösen Zustände in so manchem bayerischen Lager. Hier endlich Abhilfe und Verbesserung herbei zu führen bleibt Aufgabe für Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen. Das Netzwerk Deutschland-Lagerland hat sich dafür als gute und gefestigte Basis erwiesen, ohne eine Ausweitung und Verbreiterung wird es aber nicht gelingen, die festgemauerte rassistische Sonderbehandlung von Flüchtlingen zu durchbrechen. Ein erstes Loch ist da, Licht zu sehen, aber ohne die Solidarität breiter gesellschaftlicher Gruppen und die entschiedenen Kämpfe seitens der Flüchtlinge wird es nicht gehen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat plant in diesem Zusammenhang eine Neu-Auflage der bundesweit wahrgenommenen LagerInventour in abgeänderter Form im Herbst 2010. Orientiert an den Themen der Flüchtlinge werden wir vor allem dort hinschauen, wo das Netzwerk noch Löcher hat und die Situation der Flüchtlinge dringenden nach Intervention schreit. Das Netzwerk Deutschland-Lagerland wird dabei diesmal eine zentrale Rolle spielen und somit auf der Bühne des Widerstands unüberhörbar präsent sein.

Medienberichte:

Unterbringungen für Asylbewerber kritisiert (Nürnberger Nachrichten, 12.06.2010)