Walid Mohsin Aziz


Für Walid Mohsin Aziz und einen Abschiebestopp unterzeichnen >>>


tl_files/Fotos/Wallid Mohsin Aziz/Wallid gross.JPGDas Missionsärztliche Institut Würzburg schlägt Alarm: Immer mehr Flüchtlinge werden im Rahmen der Dublin II-Verordnung von Würzburg nach Griechenland abgeschoben – in dramatische Verhältnisse. Momentan sind mehrere IrakerInnen bedroht. Was Flüchtlinge dort erwartet, schildert der Iraker Walid Mohsin Aziz (26), der im Dezember 2008 von Würzburg aus abgeschoben wurde.

Das Institut hat weiterhin Kontakt zu Herrn Aziz. Er befindet sich derweil auf Kreta und lebt mit 14 anderen irakischen Flüchtlingen in einer Garage. MitarbeiterInnen des Instituts schicken ihm Geld, von dem er sich Essen kaufen kann. Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung hat er nicht. Im letzten Telefonat sprach er offen über Selbstmord.

Der Bayerische Flüchtlingsrat und das Missionsärztliche Institut Würzburg setzen sich für eine Rückkehr von Walid Mohsin Aziz ein und fordern einen Stopp der Rücküberstellungen nach Griechenland.

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Kreta: Walid Mohsin Aziz leidet


„Ich leide unter der schlimmen Situation: Hier in Griechenland gelten die Menschenrechte nicht; die Griechen verweigern uns jede Hilfe. Mir geht es sehr schlecht. Ich weiß nicht, was ich tun soll (…). Es gibt kein Asylheim, keine medizinische Hilfe, keine Stelle, wohin ich mich wenden kann. Ich leide sehr an dieser Situation, weiß nicht, was ich tun soll und wie mein Leben enden wird. Ich kann aber nicht in mein Land zurückgehen, dort werde ich sterben, da es ein schlechtes Leben ist.“ sagte Walid Mohsin Aziz in seinem letzten Telefonat mit Mitarbeiterinnen der Missionsärztlichen Klinik. Und weiter: „Ich werde mich töten!“

Walid Mohsin Aziz wurde am 11. Dezember 2008 von Würzburg nach Griechenland abgeschoben, wo er nun in schlimmen Verhältnissen leben muss. Weitere Iraker, die im Laufe des letzten Jahres über Griechenland nach Deutschland geflüchtet sind, fürchten den gleichen Weg wie Walid antreten zu müssen.

Wir bitten, die Rückführungen nach Griechenland mit sofortiger Wirkung auszusetzen und den irakischen Flüchtlingen ein geregeltes Asylverfahren in Deutschland zu ermöglichen.



Nordirak: Morddrohungen und Flucht


Walid Mohsin Aziz, ein 26-jähriger Iraker, kam im Sommer 2008 vom Nord-Irak nach Deutschland. Seiner Flucht vorausgegangen waren Anfeindungen, psychischer Druck und zuletzt Morddrohungen von verschiedenen Seiten: Al Qaida bedrohte ihn, da er in der irakischen Armee Dienst tat; und Terroristen in Mossul setzten ihn unter Druck, sein Insiderwissen aus dem Armeedienst zur Verfügung zu stellen.

Für Walid war klar: er ist mit dem Leben bedroht. Er quittierte den Dienst in der Armee, holte sein Abitur nach und versuchte ein Studium zu beginnen. Doch konnte er dem Druck nicht standhalten. Er ging nach der letzten Prüfung nicht mehr zurück nach Hause, sondern floh heimlich über die Türkei und Griechenland nach Deutschland.


Würzburg: Die Abschiebung

Chefarzt Dr. August Stich: Die Abschiebung ist beschämend
Chefarzt Dr. August Stich

In der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende wähnte sich Walid vorerst in Sicherheit; hier meinte er, Schutz und Zuflucht gefunden zu haben. Dort traf er auch auf die MitarbeiterInnen der Missionsärztlichen Klinik Würzburg, die sich um die medizinische Versorgung der Flüchtlinge kümmern. Interessiert und engagiert nahm er an den angebotenen Gesundheitskursen teil. „Er war hoch motiviert deutsch zu lernen und eine Ausbildung in Deutschland zu beginnen“, berichtet Christine Steinheim, Krankenschwester der Missionsärztlichen Klinik.

Dass diese Pläne nicht in Erfüllung gehen konnten und dass Walid aus der Sicherheit in Deutschland zurück in eine rechtlose Situation geschickt wurde, hat zwei Gründe: das europäische Flüchtlingsrecht und die Unbarmherzigkeit des Würzburger Verwaltungsgerichts.

Dem europäischen Flüchtlingsrecht nach ist der erste europäische Staat, den ein Flüchtling auf seiner Flucht betritt, für die Abwicklung des Asylrechts zuständig (sog. Drittstaatenregelung im Dublin II-Verfahren). Walid wurde auf seiner Flucht tatsächlich zuerst in Griechenland mit Fingerabdruck registriert. Damit ist die Rückführung zurück nach Griechenland rechtlich korrekt, aber unbarmherzig und aus humanitären Gründen nicht akzeptabel! Deutschland könnte ohne weiteres auf eine Rückführung verzichten, die deutsche Justiz selbst das Asylverfahren übernehmen.

Dafür gäbe es gute Gründe. Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) warnt offen vor einer Rückführung von Flüchtlingen nach Griechenland, hat bereits im April 2008 die EU-Staaten aufgefordert, Rückführungen bis auf weiteres auszusetzen und am 05.12.2008 eine weitere Verschärfung der Situation öffentlich gemacht. Griechenland ist mit den Flüchtlingszahlen hoffnungslos überfordert – für Zehntausende von Flüchtlingen, die sich zur Zeit in Griechenland befinden, gibt es nur 750 reguläre Unterkünfte. Essen, Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen werden ihnen ebenso wenig zur Verfügung gestellt wie ein Zugang zu einem Asylverfahren ermöglicht. Ohne Prüfung des Fluchtgrundes werden Männer, Frauen und Kinder aus dem Irak von Griechenland in ihre alte Heimat zurückgeschickt. Viele werden dies mit dem Leben bezahlen.

Aus diesem Grund haben nicht nur einzelne Staaten in Europa, wie etwa Norwegen, ihre Rückführungen nach Griechenland seit Beginn des letzten Jahres eingestellt; auch einige Verwaltungsgerichte in Deutschland folgen den Empfehlungen des UNHCR und setzen diese Rückführungen aus, wie die VG Gießen, Schleswig-Holstein, Ansbach, Oldenburg und Weimar. Nicht so das Würzburger Verwaltungsgericht. Auf Anfrage der Missionsärztlichen Klinik antwortete der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts: „Die Empfehlungen des UNHCR sind uns bekannt und werden bei den Entscheidungen berücksichtigt.“ Dennoch wurde die Rückführung von Walid veranlasst!

Privatdozent Dr. August Stich, Chefarzt der Tropenmedizin in der Missionsärztlichen Klinik und erster Vorsitzender des Missionsärztlichen Instituts: „Es ist beschämend, dass deutsche Gerichte „im Namen des Volkes“ irakische Flüchtlinge in die Rechtlosigkeit zurückschicken. Diese Menschen mussten Schlimmes erdulden, sie haben nach einer Odyssee endlich hier Zuflucht gefunden und versuchen nun sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Wir fordern das Verwaltungsgericht Würzburg auf, die Abschiebung von Walid Mohsin Aziz rückgängig zu machen und ihn nach Würzburg zurückkehren zu lassen, um ihm hier ein Recht auf ein geregeltes Asylverfahren zu gewähren. Wir fordern außerdem Rückführungen nach Griechenland so lange auszusetzen, bis Flüchtlingen dort eine menschenwürdige Behandlung und der Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren ermöglicht wird.“


Wie wird es enden?


Walid befindet sich derweil in Kreta und lebt mit 14 anderen irakischen Flüchtlingen in einer Garage. Mitarbeiter der Missionsärztlichen Klinik schicken ihm Geld, von dem er sich Essen kaufen kann. Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung hat er nicht. Im letzten Telefonat sprach er offen über Selbstmord


Engagiert: MitarbeiterInnen der Missonsärztlichen Klinik

Ahmat Elias Mohammed, Walid Mohsin Aziz, Dagmar Ludin, Christine Steinheim
Mitarbeiter und Iraker

Das Missionsärztliche Institut Würzburg ist die katholische Fachstelle für internationale Gesundheit in Deutschland. Über die Fachabteilungen der Missionsärztlichen Klinik ist medizinisches Personal seit 2007 in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Würzburg aktiv und sorgt für eine medizinische Versorgung der Bewohner. Die Würzburger Gemeinschaftsunterkunft ist eine der größten in Bayern: zur Zeit leben dort knapp 500 Flüchtlinge aus etwa 40 Ländern.

Kontakt:
Priv.-Doz. Dr. August Stich
Tropenmedizinische Abteilung der Missionsärztlichen Klinik GmbH
Salvatorstr. 7
97074 Würzburg
Tel. 0931 / 791 2821
Fax 0931 / 791 2826
stich@missioklinik.de