Verfahrensberatung für Asylsuchende
Asylsuchende erhalten in den bayerischen ANKER-Zentren weder unabhängige Beratung über den Ablauf von Asylverfahren, noch individuelle Unterstützung. Lediglich Mitarbeiter*innen des BAMF bieten in Gruppenberatungen grobe Informationen über das Verfahren an. Da das BAMF aber eben jene Behörde ist, die über einen positiven oder negativen Ausgang der Asylanträge entscheidet und im Fall einer Klage als Klagegegnerin auftritt, ist diese Beratung alles andere als unabhängig oder unterstützend.
Auch die meisten Wohlfahrtsverbände in den Einrichtungen bieten – auch aus Kapazitätsgründen – keine Beratung zu Asylverfahren an, sie geben im besten Falle Listen mit Anwält*innen für Asylrecht weiter. Doch ist es für Geflüchtete eben extrem kompliziert, diese anwaltliche Beratung zu konsultieren – die Residenzpflicht hält die Geflüchteten an einem Ort fest, die restriktiven Zugangsregelungen der ANKER-Zentren lassen keine externen Leute hinein. Dabei steht Asylsuchenden laut EU-Asylverfahrensrichtlinie in jeder Phase ihres Verfahrens das Recht auf juristischen Beistand zu. Auch ehrenamtlich Helfende erhalten keinen oder nur erschwert Zugang zu den Lagern.
Ein weiteres Problem ist, dass die entscheidenden Anhörungen zum Asylprozess meist schon wenige Tage nach der Ankunft der Geflüchteten stattfinden. Doch in dieser kurzen Zeit haben die Geflüchteten gar nicht die Möglichkeit, sich umfassend über das Verfahren und die Wichtigkeit dieser Anhörung zu informieren. Das hat zur Folge, dass sie sich bei der Anhörung falsch verhalten oder wichtige Informationen auslassen – und eine Ablehnung erhalten. Wenn sie gegen diese Ablehnung klagen, kann es sich über Monate und Jahre hinziehen, bis ein Urteil gefällt wird. Dabei war es doch das Ziel Staatsregierung, die Verfahren durch die ANKER-Zentren zu beschleunigen.
Rajeh, 29, Jemen, sechs Monate mit Frau und Tochter (2) in Manching/Ingolstadt:
Das Schlimmste für mich war, dass man keine wirkliche Information von der Regierung bekommen konnte. Nur die Menschen, die schon länger dort sind erzählen dir, was du tun musst, von der Regierung sagt dir das niemand. Die erste Information, die ich bekommen habe war: wenn du zurück in den Jemen gehen möchtest, können wir dir helfen. Das bedeutet: wenn du dich umbringen willst, können wir dir helfen. Das war die erste Information, die ich bekommen habe. Man erfährt nicht, welche Rechte man hat und was man tun muss. Du gehst einfach hin, tust, was du gehört hast und das ist alles.
Gesamtkonzeption und Dienstanweisung Asylverfahrensberatung (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 08.11.2019)
Sicherstellung der Inanspruchnahme unabhängiger rechtlicher Beratung und Vertretung in AnkER-Zentren (Bundesrechtsanwaltskammer, Oktober 2018)