Passauer Neue Presse, 21.04.2009

Zu eng und äußerst marode

Pfarrkirchen. Im Rahmen einer so genannten »LagerInventour« hat eine fünfköpfige Delegation des Bayerischen Flüchtlingsrats verschiedene Asylantenheime in Niederbayern unter die Lupe genommen. Besucht wurde auch die Unterkunft in der Ringstraße, um die Lebenssituation der Flüchtlinge vor Ort zu erkunden. Dabei berichteten die Bewohner von ihrem tristen Dasein - und auch für den Zustand des Gebäudes gab es von der Delegation schlechte Noten.

Der Flüchtlingsrat fordert seit 2002 ein Ende der »restriktiven Lagerpolitik« im Freistaat, im Hinblick auf eine Landtagsanhörung am heutigen Donnerstag mit verstärktem Einsatz. Das bayerische Gesetz schreibt vor, dass Menschen, die hier Asyl beantragen, für die Dauer des Verfahrens in Lagern leben müssen. Nach Ansicht des Flüchtlingsrats ist diese Regelung deutlich schärfer als in anderen Bundesländern. Deshalb macht diese Vereinigung Ehrenamtlicher mobil gegen »Abgrenzung und Lagerzwang«, fordert stattdessen für die Asylanten ein »menschenwürdiges Leben in Wohnungen«.

Intensive Gespräche

Bei ihrem Besuch in der Kreisstadt führte die Delegation Gespräche mit dem Caritas-Berater, der Heimleitung und einer Reihe von Bewohnern. Die Unterkunft in den Obergeschossen des Brauerei-Gasthofs Gässl in der Ringstraße, die unter der Regie der Regierung von Niederbayern steht, beherbergt derzeit keine Familien, sondern 60 allein stehende Erwachsene. Davon sind etwa zwei Drittel Männer.

Bei ihrem Rundgang bezeichneten die Vertreter des Flüchtlingsrats den baulichen Zustand der Unterkunft als »äußerst marode«. So seien die sanitären Anlagen nicht vollständig funktionstüchtig und für die Anforderungen nicht ausreichend. Nur eine Toilette sei für die ganze Etage vorhanden. Für die 43 Männer würden im Sanitärraum nur drei Duschen zur Verfügung stehen, davon sei momentan eine defekt. Große Probleme gibt es offensichtlich auch mit der Nahrungsversorgung. So erzählten Bewohnerinnen, die Essenspakete erhalten, dass sowohl Qualität wie Quantität nicht ausreicht. Von 40 Euro Taschengeld im Monat, von dem von der Busfahrkarte bis zum Anwalt alles bezahlt werden muss, sollten sie noch zusätzliche Lebensmittel kaufen. Die Frauen berichteten, dass sie sich Geld bei Freunden ausleihen, um ausreichend Essen zu erhalten.

Die Bewohner wiesen zudem darauf hin, dass die Unterkunft vor dem Besuch des Flüchtlingsrats noch eilig geputzt worden sei. An normalen Tagen sei sie sehr verschmutzt, sagte eine Frau: »Ich habe Angst um meine Gesundheit, da viele Menschen sich Bad, Spülbecken und Toiletten teilen. « Ein großes Problem sei auch die Enge in den Mehrbettzimmern. Sich fremde Menschen müssen sich über lange Zeit hinweg oft zu viert ein Zimmer teilen. Privatsphäre gebe es nur für wenige.

»Angenehmer als in anderen Orten«

Zusammenfassend zog die Delegation folgendes Urteil: »Im Rahmen einer Gesetzgebung die Enge, Mangelversorgung und Entmündigung bedeutet, macht die lokale Bevölkerung, die den Flüchtlingen sehr offen gegenüber tritt, Heimleitung sowie Beratungsstellen und Ehrenamtliche den Flüchtlingen das Leben bedeutend angenehmer als an anderen Orten.«

Dies gelte jedoch nicht für alle Bewohner: Ein junger Mann erzählte den Besuchern, dass er hier sehr isoliert lebe und keine Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung in Pfarrkirchen kenne. Er fände keine Arbeit in der näheren Umgebung und durch die Isolation und den daraus entstehenden Stress habe er Kopfschmerzen und Schlafprobleme. Nach Ansicht des Flüchtlingsrats zeigt sich damit auch in Pfarrkirchen: »Das Leben in Flüchtlingslagern sollte keinem Menschen zugemutet werden. «

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