Mainpost, 04.03.2010

Würzburger GU eine „Vorzeigeunterkunft“?

Ministerin: Kaserne weiter für Flüchtlinge nutzen

Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sieht derzeit keinen Anlass, die Würzburger Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber zu schließen. Dies ist das Fazit eines fünfseitigen Berichts über die Zukunft der Einrichtung, den die Ministerin nach einem von den Freien Wählern (FW) initiierten Landtagsbeschluss nun vorgelegt hat.

Im vergangenen Jahr hatten die Zustände in der früheren Kaserne der US-Armee bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Medienberichterstattung habe die GU „letztes Jahr in einem kritischen Licht erscheinen“ lassen, schreibt auch Haderthauer. Tatsächlich habe die Einrichtung aber stets als „Vorzeigeunterkunft“ gegolten, weil sich dort viele Verbände und ehrenamtliche Helfer um die Flüchtlinge kümmerten. Durch bauliche Verbesserungen sowie eine Reduzierung der Belegung von 450 Personen Anfang 2009 auf 342 Personen Anfang 2010 habe zudem „die öffentliche Kritik an der Gemeinschaftsunterkunft nachgelassen“, findet Haderthauer.

Eine Argumentation, die der FW-MdL Hans Jürgen Fahn nicht nachvollziehen kann: Vor einem Jahr habe Haderthauer selbst von untragbaren Zuständen gesprochen. Nun bezeichne sie die Einrichtung als „Vorzeigeunterkunft“. „Da passt für mich einiges nicht zusammen“, so Fahn.

Von einer „Vorzeigeunterkunft“ will auch der Würzburger CSU-MdL Oliver Jörg nicht sprechen: „So habe zumindest ich die Zustände nicht empfunden.“ Die baulichen Veränderungen seien jedoch „zweifellos positiv“, so Jörg. Dem pflichtet auch die FDP-Abgeordnete Brigitte Meyer bei: „Ich sehe allerdings noch nicht, dass diese Verbesserungen schon ausreichend sind“, so Meyer.

„Etwas dürftig“ findet der unterfränkische SPD-MdL Volkmar Halbleib den Bericht. Trennwände in den Zimmern und neue Duschen seien zwar zu begrüßen. „Aber mit ein paar kosmetischen Maßnahmen ist dort nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen“, so Halbleib. Vor allem für Familien seien die Zustände weiter untragbar, findet der SPD-Politiker.

„Diese Riesenkaserne ist absolut menschenunwürdig“, bemängelt gar die Grünen-Asylexpertin Renate Ackermann. Trotzdem verweigere Haderthauer ein Ausstiegskonzept: „Das ist für mich reine Hinhaltetaktik auf dem Rücken der Flüchtlinge.“

Laut Haderthauer läuft der derzeitige Mietvertrag noch bis September 2012. Eine längere Nutzung als GU hänge unter anderem von der Stadt Würzburg und „von der generellen politischen Willensbildung ab“, so die Ministerin. CSU und FDP verhandeln derzeit über eine Reform der Asyl-Sozialpolitik in Bayern.

Henry Stern

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