Neues Deutschland, 25.10.2012

Worte und Taten

Markus Drescher über die Einweihung des Mahnmals für Sinti und Roma


Reden. Ein wichtiges Mittel für Politiker, mit den Bürgern und Bürgerinnen zu kommunizieren: Parteistandpunkte, Hetze, Versprechen, Angriffe, leere Hülsen - und zu Anlässen wie der Einweihung des Denkmals für die ermordeten Sinti und Roma wird es nachdenklich, grundsätzlich, philosophisch.

So auch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihre Worte Verpflichtung, Trauer und Würde des Menschen sind angemessen. Misst man daran aber Taten und Äußerungen etwa ihres Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU), fragt man sich: Wie ist es möglich, dass Merkel sich betroffen ans Mahnmal stellt, während Friedrich den Rudolf Seiters macht und von Asylmissbrauch, Visumspflicht für Serben und Mazedonier und beschleunigten Asylverfahren faselt? Diejenigen, um die es dabei geht, sind hauptsächlich Roma.

1992 wurde beschlossen, ein Denkmal zu schaffen. Im gleichen Jahr konnte ein rassistischer Mob in Rostock-Lichtenhagen ungehindert die zentrale Asylbewerberaufnahmestelle im Sonnenblumenhaus angreifen - angeheizt von der politischen Hetze gegen »Asylmissbrauch«. Der Hass richtete sich auch gegen Roma, die vor dem Haus campieren mussten.

20 Jahre später steht nun zwar ein Mahnmal. Dass tatsächlich Lehren aus der NS-Zeit gezogen wurden, war damals nicht ersichtlich - und ist es heute immer noch nicht. So sind die nachdenklichen Worte Merkels an diesem Tag doch nur wieder leere Hülsen - wenn jetzt nicht Taten folgen, die den Worten angemessen sind.

Quelle: Neues Deutschland

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