Landshuter Zeitung, 17.05.2012

"Wir wollen gerecht behandelt werden"

Asylbewerber sprachen mit Politikern über ihr Leben als Flüchtling in Deutschland

In der Gemeinschaftsunterkunft in Landshut sind rund 140 Menschen untergebracht. Asylbewerber und Politiker diskutierten über das Leben als Flüchtling in Deutschland. (Foto: rüd)


Flüchtlinge brauchen keine Massenunterkunft, sondern wollen in Wohnungen leben. Statt Essenspaketen wollen sie ihre Nahrungsmittel selber kaufen. Sie wollen sich frei bewegen können und arbeiten dürfen. Und ein Almosen von 40 Euro im Monat ist unmenschlich. So etwa kann man die eindrucksvolle Rede zusammenfassen, die ein Asylbewerber am Mittwoch Nachmittag in der Unterkunft in der Alten Kaserne gehalten hat. Bei dem Termin hatten Bewohner und Politiker Gelegenheit, sich kennenzulernen.

Das Treffen hatte die Organisation "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten Landshut" auf den Weg gebracht. Es ist Teil der sogenannten "Lagerland-Aktionswochen", die in Bayern bis zum 26. Mai gehen. Die Initiatoren protestieren gegen das Asylbewerberleistungsgesetz, Flüchtlingslager und gegen eine aus ihrer Sicht rassistische Flüchtlingspolitik.

In der Asylbewerberunterkunft Alte Kaserne sind mehr als 140 Menschen untergebracht. Über die Zustände dort sprach eindrucksvoll ein junger Mann, der eine schriftliche Rede vorbereitet hatte. Unter anderem kritisierte er, dass Menschen unterschiedlichster Herkunft auf engstem Raum zusammengesteckt würden. Dies führe regelmäßig zu Streitereien. Das sei weder menschenwürdig noch gerecht.

Andere sagten im LZ-Gespräch, was sie bedrückt. Die Liste der Klagen ist lang. Besonders missfällt den Bewohnern die Enge der Zimmer: Auf ein paar Quadratmetern müssen sie sich und ihre Habseligkeiten unterbringen. Hinzu kommt, dass oft die einen schlafen wollen, während die anderen Musik hören.

Die Flüchtlinge erzählten über mangelnde Qualität von Essenspaketen, nicht funktionierende Heizungen und kaltes Duschwasser. Bei einem Rundgang wurde deutlich, dass die Küche keinen guten Eindruck macht. Heimleiter Christian Sondershaus kündigte an, dass sie bald saniert werde. Dies sei nicht früher geschehen, weil bislang unklar gewesen sei, wie es mit der Unterkunft weitergehe.

Sportangebot gewünscht

Die Liste geht weiter: Unvorstellbar sind die Zustände in manchen sanitären Einrichtungen. Ein Asylbewerber führte zum Duschraum, dessen Tür nicht mehr verschließbar ist. Unerträglich seien auch die Müllbehälter vor dem Haus. Deren Gestank ziehe bis in die Zimmer, die man im Sommer ja öffnen müsse. Der Hausmeister schere sich um solche Probleme nicht. Psychische Probleme gebe es auch, wenn man den ganzen Tag nur herumsitze und nicht arbeiten dürfe, sagte jemand.

Wenigstens ein Sportangebot wünschen sich die Leute. Angela Edler vom Haus international wünscht sich, dass den Frauen leichter ermöglicht wird, Deutsch zu lernen. Manche lebten drei Jahre in einer Unterkunft und könnten sich auf Ämtern nicht verständigen.

Wenn zu einem solchen Termin Politiker eingeladen werden, heißt das noch lange nicht, dass dann alle Schwierigkeiten vom Tisch sind. Der Sprecher der Karawane, Till Seidemann, sagte, dass es vor allem darum gehe, Politikern die Möglichkeit zu geben, mit den Asylbewerbern von Angesicht zu Angesicht ins Gespräch zu kommen.

Eifrig Notizen machte sich gestern Johanna Werner-Muggendorfer. Die niederbayerische SPD-Landtagsabgeordnete nahm die Sorgen der Flüchtlinge ernst, sagte aber auch, dass sie keine Versprechen machen könne. Schließlich sei ihre Partei nicht in der Regierung.

Ihr Grünen-Kollege aus dem Landtag, Eike Hallitzky, kritisierte, dass Deutschland, besonders Bayern, Flüchtlinge nicht willkommen heiße. Die Unterbringung habe vielmehr das Ziel, die Bereitschaft zur Rückkehr zu fördern. Hallitzky: "Die deutsche Politik will nicht integrieren." Der Stadt gab er gestern den Appell mit auf den Weg, sich endlich um Kindergartenplätze für Flüchtlingskinder zu kümmern.

Geoffrey Summers, Mitarbeiter der Linken-Bundestagsabgeordneten Kornelia Möller, machte sich die Forderungen der Flüchtlinge zu eigen. Die Debatte um die Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis zeige übrigens das Dilemma der hiesigen Flüchtlingspolitik.

Am Samstag, 12 Uhr, ist vor dem Rathaus in der Altstadt eine Kundgebung der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten". Die bayernweite Abschluss-Demonstration ist eine Woche später in München um 13.30 Uhr am Sendlinger Tor.

Siegfried Rüdenauer

Quelle: Landshuter Zeitung

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