Passauer Neue Presse, 02.12.2010

„Wer nicht zufrieden ist, kann jederzeit zurück“

Verwahrt sich gegen Kritik des Flüchtlingsrats: Sozialministerin Christine Haderthauer. (Foto: tj)


Immer mehr Asylbewerber im Freistaat fordern Geld statt Essenspakete - und treten dafür sogar in Hungerstreik. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU): „Dafür gibt es keinen objektiven Grund.“

Bayernweit sind Flüchtlinge in Flüchtlingslagern in Hungerstreik getreten. Offensichtlich gibt es Probleme. Warum werden diese nicht abgestellt?

Haderthauer: Mehr als die Hälfte der Asylbewerber in Bayern leben in Privatunterkünften. In den Gemeinschaftsunterkünften leben 8500 Flüchtlinge, elf Prozent davon übrigens freiwillig - sie dürften jederzeit in eine private Unterkunft ausziehen. Für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte gibt es ein Bestellsystem für die Nahrungsmittel. In Listen können sie eintragen, was sie benötigen und bekommen das dann geliefert. In 285 Fällen wird die Teilnahme am Bestellsystem verweigert - was aber nicht automatisch bedeutet, dass die Leute die Nahrungsaufnahme verweigern

Und warum werden die Essenspakete verweigert? Zu schlecht? Zu wenig?

Haderthauer: Die Tatsache, dass Essenspakete verweigert werden, hat nichts mit der Qualität der Essenspakete zu tun. Es ist sogar sichergestellt, dass kultursensible Gewohnheiten und Notwendigkeiten berücksichtigt sind. Im übrigen vollziehen wir damit ein Bundesgesetz - so wie andere Bundesländer auch.

Andernorts gibt es aber keine Hungerstreiks . . .

Haderthauer: Für den Protest gibt es keinen objektiven Grund. Der bayerische Flüchtlingsrat ruft jedoch öffentlich zu Spenden auf für diejenigen, die Essenspakete verweigern. Diese Kampagne wird offenbar von manchen so verstanden, dass, wer keine Essenspakete mehr bestellt, vom Flüchtlingsrat Bargeld erhält. Das mag einen Anreiz darstellen.

Warum wollen die Flüchtlinge lieber Bargeld, wenn das Essen eigentlich in Ordnung ist?

Haderthauer: Ich glaube, dass es den einen oder anderen Verwendungszweck für Bargeld gibt, der nicht unbedingt im Kauf von Lebensmitteln besteht. Ich will aber nicht spekulieren.

Der Bayerische Flüchtlingsrat wirft Ihnen vor, mit falschen Zahlen zu hantieren. Auf Ihrer Homepage stünde, nur 1,6 Prozent erhielten eine Asylanerkennung, dabei erhielten 33,8 Prozent der Flüchtlinge Schutz in Deutschland. Sie würden damit suggerieren, dass fast 100 Prozent der Flüchtlinge keinen Grund hätten, aus ihrem Land zu fliehen . . .

Haderthauer: Unsinn. Es ist der Flüchtlingsrat, der versucht, hier Zahlen zu verdrehen, um so Politik zu machen. Fakt ist: Nur 0,6 Prozent der Antragsteller in Bayern sind tatsächlich Asylberechtigte. Die Quote derer, die am Ende in Bayern bleiben können, beträgt 25,8 Prozent und kommt zustande, weil vielen aus unterschiedlichsten, vor allem humanitären Gründen trotzdem Schutz gewährt wird.

Essenspakete, Lagerzwang und Residenzpflicht - gehen wir nicht zu streng mit Flüchtlingen um?

Haderthauer: Nein. Denn nur ganz wenige sind, wie gesagt, tatsächlich Asylberechtigte. Der überwiegende Teil missbraucht die Gastfreundschaft, die wir gewähren. Im Klartext: die meisten kommen aus wirtschaftlichen Gründen hier her. Unter dem Deckmantel Asyl versuchen sie, ein ihnen nicht zustehendes Recht zu erschleichen. Der Staat prüft jeden Fall gewissenhaft und sorgt in dieser Zeit für die Asylbewerber. Aber natürlich muss der Staat im Gegenzug auch sicherstellen, dass die, die zu Unrecht hier sind, das Land wieder verlassen. Deswegen der Grundsatz der Gemeinschaftsunterkünfte und der Residenzpflicht.

Haben Sie Angst, dass Flüchtlinge gezielt Bayern ansteuern, wenn Sie es ihnen hier zu angenehm machen?

Haderthauer: Das ist ein Schmarrn. Es gibt ein bundesweites Verteilungssystem. Egal, ob sich ein Bundesland ganz fürchterlich anstrengt, abschreckend zu sein, oder ein anderes stark bemüht, anziehend zu wirken - es würde nichts helfen, denn es wird nach einem Schlüssel bundesweit verteilt. Niemand kann selber steuern, wohin er kommt.

Das einzige Eigeninteresse Bayerns könnte sein, knickrig zu sein, um so Geld zu sparen?

Haderthauer: Wirklich nicht - wir geben Millionen an Steuergeldern für die Asylbewerber aus. Man muss doch auch mal sehen: Wer sich zurecht auf das Asylrecht beruft, wird in der Regel recht schnell anerkannt und bekommt dann sofort die vollen Sozialleistungen und die Kosten für Wohnung und Heizung. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle aber wird unser Gastrecht missbraucht. Und zu diesen Personen sage ich: Wer mit den Leistungen in Deutschland nicht zufrieden ist, kann jederzeit zurück. Er bekommt dafür die größtmögliche Unterstützung seitens der bayerischen Staatsregierung.

Interview: Alexander Kain

Quelle: Passauer Neue Presse

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