Süddeutsche Zeitung, 22.03.2012

Verwirrung um einen Zettel

 

Wer genau den Zettel ausgehängt hat, lässt sich nicht mehr ermitteln - auf jeden Fall muss es ein ordnungsliebender Mensch gewesen sein: 'Bewohner, die Abfälle und Speisereste verbotswidrig ablegen, müssen damit rechnen, in eine kleine Gemeinschaftsunterkunft im Bayerischen Wald umverteilt zu werden', heißt es da. Das Schreiben datiert vom 7. Dezember 2011, unterzeichnet ist es mit 'Die Heimleitung'. Der Aushang befindet sich in der Asylbewerberunterkunft in der Plattlinger Straße in Regensburg.

Gotthold Streitberger, ein Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrates, sagt, eine Verlegung von Asylbewerbern aus disziplinarischen Gründen sei nichts Ungewöhnliches. Kurios sei jedoch, diese Praxis öffentlich zu dokumentieren. 'Das ist eine neue Qualität', kritisiert Streitberger, zeige sie doch 'die Abhängigkeit der Flüchtlinge von den Lagerverantwortlichen'. Regensburg sei wegen seiner Strukturen, Beratungs- und Arbeitsmöglichkeiten bei den Bewerbern beliebter als andere Standorte. Eine Verlegung sei daher durchaus als Strafandrohung zu verstehen. Im Flüchtlingsrat ist seit der Entdeckung des Schreibens - nicht ganz ernst gemeint - von der 'Verschickung nach Bayerisch Sibirien' oder in ein 'Straflager' die Rede.

Wer wiederum mit Angestellten der Gemeinschaftsunterkunft in der Plattlinger Straße spricht, bekommt die Geschichte von einigen unbelehrbaren unter den knapp 200 Heimbewohnern zu hören, die ihren Müll einfach aus dem Fenster oder ins Treppenhaus kippten. Die Aufräumarbeiten blieben dann den Mitarbeitern des Hauses überlassen, oder sogenannten Ein-Euro-Jobbern, die bezahlt werden müssten.

Auch bei der Regierung der Oberpfalz ist der Vorfall inzwischen bekannt, eine Sprecherin spricht von 'unglücklichen Formulierungen'. Grundsätzlich bestehe zwar die Möglichkeit, Asylbewerber aus disziplinarischen Gründen zu verlegen, doch werde nur selten davon Gebrauch gemacht. Der Zettel mit der Androhung sei inzwischen wieder entfernt worden, man hoffe auf ein friedliches Miteinander zwischen Belegschaft und Bewohnern.

Sie persönlich könne die Intention des Schreibens ohnehin nicht verstehen, sagt die Regierungssprecherin. Der Bayerische Wald sei doch wunderschön. Außerdem könne ihre Behörde gar niemanden in ostbayerische Dörfer strafversetzen. Die Unterkünfte dort befänden sich auf niederbayerischem Boden, dafür seien die Kollegen zuständig.

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