Augsburger Allgemeine Zeitung, 21.12.2007

Verhandlung gegen Flüchtling ist geplatzt

ALFA

Nördlingen/Frankfurt (mia) - "Der Prozess ist geplatzt." Für Hagen Kopp vom Aktionsbündnis gegen Abschiebung Rhein-Main ist der Ausgang der Verhandlung gegen den im Landkreis Donau-Ries lebenden Felleke Bahiru Kum aus Äthiopien ein Riesenerfolg. "Der Staatsanwalt musste eine Schlappe hinnehmen", so Kopp.

Bereits nach gut 20 Minuten wurde der Prozess gegen Felleke vor dem Amtsgericht Frankfurt auch schon wieder beendet und "auf unbestimmte Zeit vertagt". Die vorsitzende Richterin schloss sich der Meinung der Verteidigung auf "unzureichende Aktenführung" an.

Felleke hatte sich im September 2006 erfolgreich gegen seine Abschiebung nach Äthiopien gewehrt. In einer Lufthansa-Maschine sollte er in sein Heimatland abgeschoben werden. Fünf Bundespolizisten brachten ihn zum Flugzeug, zwei davon waren als Sicherheitsbegleitung bis nach Adis Abeba vorgesehen. Felleke sträubte sich energisch dagegen, in den Sitz gezwungen zu werden. In der Folge weigerte sich der Pilot der Maschine, den Mann zu transportieren.

Abschiebehaft

Felleke, der im Donau-Ries-Kreis wohnt, wurde nach dem Vorfall zunächst erneut in Abschiebehaft genommen, ein zweiter Versuch, ihn aus dem Land zu bringen schlug fehl, und vor einem Jahr, also im November 2006, stellte er einen weiteren Asylantrag und wurde freigelassen. Der äthiopische Flüchtling Felleke Bahiru Kum geriet laut bayerischem Flüchtlingsrat mit seinen oppositionellen Aktivitäten im Exil ins Visier der äthiopischen Behörden. Offensichtlich gehöre er zu den Exiloppositionellen, die Äthiopien zurückholen wollte, um sie vor Gericht stellen zu können.

Wegen des "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" wurde nun die Verhandlung vor dem Frankfurter Amtsgericht angesetzt. "Das stellt die Tatsachen doch völlig auf den Kopf", meint dazu Hagen Kopp. Der Bayerische Flüchtlingsrat pflichtet ihm bei. Felleke stehe weit oben auf einer Liste von Regierungsgegnern und habe in seiner Heimat mit Repressalien zu rechnen.

Schon vor einem Jahr sei das Landratsamt in Donauwörth aufgefordert worden, die Abschiebung auszusetzen. "Sein Aufenthalt in Nördlingen wird derzeit geduldet", erklärt dazu Johann Stark, Leiter der Ausländerbehörde im Landratsamt. Der Äthiopier habe vor einem Jahr einen Asylfolgeantrag gestellt, über den nicht das Landratsamt, sondern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmt, erklärt Stark gegenüber unserer Zeitung.

Um die Abschiebung des Mannes ging es in dem Verfahren in dieser Woche vor dem Frankfurter Amtsgericht nicht, sagt Hagen Kopp. Gegenstand der Verhandlung war vielmehr der Widerstand von Felleke, abgeschoben zu werden.

Verteidigung fordert Einstellung des Verfahrens

Die Verteidigung forderte eine Einstellung des Verfahrens, der Staatsanwalt tat dies laut Prozessbeobachter Kopp "eiskalt und knapp" als irrelevanten Unfug ab und beharrte auf einer Verurteilung des Mannes. Dazu kam es nicht, da die Richterin sich noch ein umfassendes Bild von der Aktenlage machen möchte. Wann die Verhandlung fortgesetzt wird, ist derzeit nicht bekannt.

Quelle: Augsburger Allgemeine Zeitung

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