Landshuter Zeitung, 24.04.2012

Untersuchungskommission wird eingerichtet

Asyl-Unterkunft: Kreisausschuss fordert Aufklärung - Eppeneder: Habe korrekt gehandelt

Landrat Josef Eppeneder und der zuständige Abteilungsleiter Stefan Possart (l.) mussten gestern im Kreisausschuss harsche Kritik in Sachen Asylbewerber-Unterbringung einstecken.(Foto: mü)


"Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe mich in dieser Angelegenheit als Landrat korrekt verhalten." Bei der Kreisausschuss-Sitzung am Montagnachmittag versicherte Josef Eppeneder (CSU) wiederholt, dass er im Zusammenhang mit der umstrittenen Anmietung eines erst in diesem Jahr von seiner Tochter erworbenen ehemaligen Gasthauses in Wörth als Asylbewerberunterkunft nichts zu verbergen habe und sich keines Fehlverhaltens bewusst sei. Die Mitglieder des Gremiums gaben sich mit Eppeneders Erklärung allerdings nicht zufrieden, sondern fordern stattdessen "lückenlose Aufklärung". Diese soll nun eine Art "Untersuchungskommission" leisten, die auf Antrag von Bürgermeistersprecher Peter Dreier (Freie Wähler) eingerichtet wird.

Das Untersuchungsgremium wird jedoch frühestens in zwei Wochen seine Arbeit aufnehmen können, da erst noch der am 7. Mai tagende Kreistag zustimmen und die Kompetenzen dieses Ausschusses festlegen muss, in den laut Dreier jede Fraktion einen Vertreter entsenden und außerdem Mitarbeiter der Landkreisverwaltung mitwirken sollen. Den Vorsitz soll einer der vier Landratsstellvertreter übernehmen. Josef Eppeneder hatte von sich aus seinen Verzicht auf die Leitung der Kommission erklärt, um einer unvoreingenommenen Aufarbeitung der gegen ihn erhobenen und seiner Meinung nach unberechtigten Vorwürfe nicht im Wege stehen zu wollen. Unterdessen will das Landratsamt die umfangreichen Fragenkataloge von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Themenkomplex zumindest teilweise schriftlich beantworten.

Dass es für den Landrat im Verlauf der Sitzung ziemlich ungemütlich werden würde, bekam er bereits zu Sitzungsbeginn zu spüren, als Grünen-Sprecherin Rosi Steinberger den Antrag stellte, über das Thema Asylbewerber-Unterbringung nicht erst am Schluss sondern am Anfang der Sitzung zu debattieren, und hierfür auch prompt eine 6:5-Mehrheit erhielt. Auch Eppeneders einleitende Ausführungen konnten die Ausschussmitglieder von SPD, Freien Wählern und Bündnis 90/Die Grünen nicht besänftigen, die den Landrat und den für die Asylbewerberunterbringung zuständigen Abteilungsleiter Stefan Possart im Verlauf der mehrstündigen Sitzung vor allem wegen der ihrer Meinung nach unzulänglichen Informationspolitik mehrfach scharf kritisierten.

Unter Berufung auf die vor gut einem Jahr gefassten Resolution der Landkreisbürgermeister machte sich Josef Eppeneder zum wiederholten Mal für die vom Landkreis anstelle einer großen Gemeinschaftsunterkunft praktizierte dezentrale Unterbringung der Asylsuchenden stark, die nicht nur ein Gebot der Menschenwürde gewesen sei, sondern zwischenzeitlich auch von anderen Stellen als vorbildlich gelobt werde. Er selbst habe bei der Ankunft der ersten Asylbewerber vor dem Landratsamt mit den Tränen gerungen, als er von den Schicksalen der Flüchtlingsfamilien und deren "Traum von einem Leben ohne Angst" erfahren habe.

"Wir waren um jede Anmietung froh", berichtete Eppeneder außerdem und stellte im gleichen Atemzug klar, dass er selbst "weder bei der Ausarbeitung der Beherbergungsverträge noch bei der Unterbringung der Asylbewerber beteiligt" gewesen zu sein. Die Ausgestaltung der Mietverträge sei vielmehr anhand eines Mustervertrages der Regierung von Niederbayern und unter Berücksichtigung von Vorgaben der Staatsregierung erfolgt. "Ich habe mich als Landrat korrekt verhalten, ich habe dem Landkreis und den Menschen geholfen. Es ist in meinem Interesse, dass wir das offen und ehrlich aufklären. Wir haben nichts zu verbergen", sagte Eppeneder. Gleichwohl ließ er nicht unerwähnt, dass seine mittlerweile erwachsenen Kinder in der Schulzeit und während ihrer Ausbildung immer darunter gelitten hätten, "dass ich Abgeordneter war und jetzt Landrat bin". Nun da sie wirtschaftlich auf eigenen Beinen stünden, "dürfen sie scheinbar nicht für sich selbst sorgen", beklagte Eppeneder.

Die genaue Vorgehensweise und zeitliche Abfolge im Zusammenhang mit der Anmietung der Unterkunft in Wörth wurde in der gestrigen Sitzung nicht aufgerollt. Vielmehr berichtete SPD-Sprecherin Ruth Müller, dass es angeblich im Gemeinderat Wörth seinerzeit Überlegungen gegeben habe, die besagte Immobilie durch die Gemeinde zu erwerben und dem Landkreis als Asylbewerberunterkunft anzubieten. Von diesem Vorhaben habe man allerdings Abstand genommen, da Landrat Eppeneder gegenüber Bürgermeister Daniel Sporer (CSU) erklärt habe, dass hierfür kein Bedarf bestehe und ausreichend Plätze vorhanden seien. Demgegenüber erklärte Eppeneder in der Sitzung, dass zum damaligen Zeitpunkt nur diese Liegenschaft vorhanden gewesen sei, andernfalls hätte der Landkreis die Asylbewerber in einem Hotel unterbringen müssen.

Der für öffentliche Sicherheit und Ordnung verantwortliche Abteilungsleiter Stefan Possart räumte im weiteren Verlauf ein, dass es im Einzelfall Informationsdefizite in Bezug auf die Unterbringung von Asylbewerbern vor Ort und der rechtzeitigen Benachrichtigung der jeweiligen Gemeinde gegegeben habe. Dies sei jedoch nicht aus bösem Willen geschehen, sondern "einer gewissen Arbeitsüberlastung" des derzeit unterbesetzten Sachgebietes geschuldet, das schließlich auch noch für die Abrechnung der Lebensmittelgutscheine zuständig sei. Außerdem habe der Landkreis selbst "oft am Montag noch nicht gewusst, wie viele Personen am Mittwoch kommen und wo sie untergebracht werden können", berichtete Possart, ohne allerdings zu verhehlen: "Der Informationsfluss muss verbessert werden". Auch der Landrat gestand: "Die Verwaltung war überfordert mit dem Thema." Mittlerweile habe man jedoch alles soweit im Griff, dass es keine Probleme mehr gebe. Vielmehr habe man bereits Gespräche mit der Caritas geführt, die mit Unterstützung des Sozialministeriums eine zusätzliche Stelle für die psychosoziale Betreuung von Asylbewerbern einrichten wolle.

SPD-Fraktionssprecherin Ruth Müller erneuerte dagegen ihre Kritik am mangelhaften Informationsfluss des Landratsamtes, der nicht gerade dazu beigetragen habe, in den betroffenen Gemeinden die nötige Akzeptanz herzustellen und ausländerfeindlichen Tendenzen in der Bevölkerung keinen Raum zu geben. Außerdem müsse der unterschwellig geäußerte Vorwurf der Klüngelei und Geschäftemacherei, der nun auf dem ganzen Landkreis laste, rückhaltlos aufgeklärt werden. "Dieses Gschmackerl", so Müller, dürfe sich nicht zu einer "dauerhaften Duftglocke" auswachsen und die dezentrale Unterbringung in Misskredit bringen.

Hans Weinzierl, Fraktionssprecher der Freien Wähler, stellte der Verwaltung in Sachen Asylbewerberunterbringung ein "Armutszeugnis" aus. So sehr die dezentrale Unterbringung auch zu begrüßen sei, habe er allerdings "so meine Zweifel", was die professionelle Umsetzung dieses Vorhabens anbelange. Er habe gestern Vormittag die Unterkunft in Rottenburg aufgesucht und sei "total überrascht" gewesen, "wie naiv das abläuft". Wenn sich nicht ein Mitarbeiter der örtlichen Verwaltung und Ehrenamtliche darum kümmerten, "würde alles drunter und drüber gehen". Weinzierl wörtlich: "Wenn ihr das selbst nicht schafft, müsst ihr etwas delegieren. Ihr könnt das nicht einfach so laufen lassen." Der FW-Sprecher sprach von einem "bodenlosen" und "völlig unzureichenden Handling" und monierte fehlende Sensibilität: "So kann man nicht damit umgehen. Was glauben Sie, was da draußen los ist", attackierte Weinzierl Abteilungsleiter Possart. Den Landrat forderte der FW-Sprecher auf, die Karten auf den Tisch zu legen und der Bitte um Aufklärung nachzukommen, denn bei den drei Asylbewerberunterkünften in Wörth, Ergoldsbach und Rottenburg bestehe seinen Informationen zufolge "ein sehr enges Zeitfenster zwischen der Immobilienveräußerung und dem Abschluss von sehr lukrativen Mietverträgen", das schon sehr auffällig und erkärungsbedürftig sei.

Bürgermeistersprecher Peter Dreier (FW) beklagte ebenfalls, dass die zögerliche Informationspolitik zu großem Unmut in manchen Gemeinden geführt habe, und forderte im Interesse aller eine ehrliche und transparente Offenlegung der Fakten. Aus diesem Grund schlug Dreier die Einsetzung einer Kommission vor, die für Aufklärung der Vorwürfe sorgen solle und von Landrat Eppeneder sofort vorbehaltlos begrüßt wurde. Während CSU-Fraktionschef Hans Bauer und sein Fraktionskollege Max Wimmer diese Aufgabe am liebsten der Fraktionsführerrunde übertragen wollten, plädierten Hans Weinzierl und Rosi Steinberger (Grüne) mit Nachdruck für ein unabhängiges Gremium. Nach einigem Hin und Her einigte man sich schließlich darauf, dass der Kreistag bei seiner nächsten Sitzung in zwei Wochen ein derartiges Gremium offiziell einsetzen sowie dessen Zuständigkeitsbereich und Besetzung festlegen soll. Gegen diesen Vorschlag votierten lediglich die CSU-Kreisräte Max Wimmer und Hans Keil, wobei letzterer sich ahnungslos gab, hierfür jedoch eine gehörige Standpauke von FW-Kreisrat Fritz Wittmann kassierte.

Horst Müller

Quelle: Landshuter Zeitung

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