Münchner Merkur, 24.04.2012

„Unsensibles“ Geschäft mit Asylbewerbern


Der Landrat im Landkreis Landshut, Josef Eppeneder (CSU), steht unter Druck. Seine Tochter kaufte im Januar ein leer stehendes Gasthaus. Kurz darauf wies das Landratsamt Asylbewerber ein – ein lukratives Geschäft.

Das ehemalige Restaurant „Athen“ in der Landshuter Straße in Wörth an der Isar stand seit 2009 leer. Dann kam die Tochter des Landrats und griff zu. 23 Asylbewerber wohnen dort seit kurzem. Etwa 20 Euro pro Tag und Kopf soll es nach Recherchen des Landshuter „Wochenblatts“ dafür geben – im Monat wären das 13 800 Euro. „Die Sache hat ein Gschmäckle“, sagt nicht nur Hubert Aiwanger, Landeschef der Freien Wähler, der auch im Kreistag des Landkreises sitzt. „Es war unsensibel seitens des Landrats, dass seine Tochter hier als Vermieterin auftritt.“

Die Sache hat eine Vorgeschichte: Wie jeder Landkreis muss auch die Region Landshut eine gewisse Anzahl von Asylbewerbern – aktuell 146 Personen – aufnehmen. Aber wo? Bereits im März 2011 hatten die Bürgermeister des Landkreises eine Resolution beschlossen, wonach eine zentrale Unterbringung nicht wünschenswert sei. Die Regierung von Niederbayern hatte in Geisenhausen eigentlich ein ehemaliges Seniorenheim anmieten wollen. Doch die Gemeinde blockte die Pläne ab. Schon damals hatte die Regierung deutlich gemacht, dass ihr wohl nichts anders übrig bleiben werde, als die Unterbringung der Asylbewerber dem Landkreis als Pflichtaufgabe zu übertragen.

Konkret wurde es jedoch erst am 18. Januar dieses Jahres, als die Regierung diese Übertragung „in den nächsten Wochen“ per Pressemitteilung ankündigte. Etwa im selben Zeitraum kaufte Eppeneders Tochter das Gasthaus. Wann genau, ist unklar – der Grundbucheintrag, der allerdings einen zeitlichen Vorlauf von mehreren Wochen haben kann, datiert erst vom 5. März. Da waren die ersten Asylbewerber schon eingetroffen.

Landrat Eppeneder (64) kann nicht sehen, dass er sich irgendwie falsch verhalten hätte. „Meine drei Kinder stehen wirtschaftlich auf eigenen Füßen und sind rechtlich eigenverantwortlich.“ Die Abteilung für öffentliche Sicherheit und Ordnung habe ebenso „eigenverantwortlich“ die Bewerbungen für potenzielle Asylbewerber-Unterkünfte geprüft. Der Mietvertrag mit seiner Tochter unterscheide sich nicht von anderen Mietverträgen. Außerdem gehe es hier letztendlich um ein „gastronomisches Projekt“.

Die Berichterstattung im „Wochenblatt“ machte indes auch die Regierung von Niederbayern hellhörig. Der zuständige Abteilungsleiter besprach die Vorwürfe mit dem Landrat, wie Pressesprecher Michael Bragulla bestätigt. „Der Landrat hat versichert, dass der Kauf der Immobilie vor der Direktzuweisung der Asylbewerber erfolgte und kein Insidergeschäft war.“ Es bestehe „für die Regierung erst einmal kein Anlass, das anzuzweifeln“. Die Nachricht, dass die Regierung von Niederbayern keine rechtsaufsichtliche und dienstrechtlichen Ermittlungen einleitet, war dem Sprecher im Landratsamt, Elmar Stöttner, am Sonntag eine Sonderschicht wert – er verkündete, dass die „in die Welt gesetzten Behauptungen, Anschuldigung und Verdächtigungen“ nun ausgeräumt seien.

Wenn er sich mal nicht täuscht: Am Montag empfahl der Kreisausschuss die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Vorgänge. Angeblich soll die Tochter des Landrats in Vilsbiburg noch eine weitere Asylbewerber-Unterkunft betreiben, so behaupten es die Grünen.

Dirk Walter

Quelle: Münchner Merkur

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