Bayerische Staatszeitung, 04.12.2009

Unhaltbare Vorwürfe

Leserbrief zu KOMMUNALES, 27. November 2009, „Flüchtlingsrat stellt Rechnung zulasten der Kommunen"

 

Uns wird im Beitrag vorgeworfen, wir würden - wie alle Lobbyisten - von der öffentlichen Hand unterstützt und seien lediglich an unserer eigenen Existenz interessiert. Dazu können wir nur feststellen, dass sich der Bayerische Flüchtlingsrat vor allem durch Förderbeiträge seiner Mitglieder finanziert, ergänzt durch Zuschüsse unseres bundesweiten Dachverbands “Pro Asyl” und der UNO-Flüchtlingshilfe. Von staatlichen Zuschüssen ist weit und breit keine Spur, reich sind wir lediglich an unbezahlten Überstunden.


Die Begriffe „Lager" und „Sammellager" sind keine polemisierenden Erfindungen des Bayeri¬schen Flüchtlingsrats, wir zitieren damit lediglich das Ausländergesetz von 1965. Vor etwas mehr als 40 Jahren waren Politikerinnen und Politiker offenbar noch so ehrlich, die Dinge beim Namen zu nennen und sich nicht hinter Euphemismen wie „Aufnahmeeinrichtung" und „Gemeinschaftsunterkunft" zu verstecken. Und dass diese Sammellager für Flüchtlinge in Bayern „menschenunwürdig und inhuman" sind, ist kein abstruser Vorwurf des Flüchtlingsrats, das ergab eindeutig eine Sachverständigenanhörung im Bayerischen Landtag am 23.04.09. Auch die Bayerische Staatszeitung berichtete am 24.04.09 darüber unter der Überschrift „Note 6 für Bayerns Flüchtlingsheime - Experten einig über katastrophale Zustände".


Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf unser gründlich recherchiertes Gutachten zu den Kosten der Flüchtlingsunterbringung in Wohnungen und Sammellagern - angeblich würden wir mit zu niedrigen Mietkosten operieren. Dabei haben wir uns lediglich an den Mietobergrenzen für Bezieherinnen von Leistungen nach SGB II und XII orientiert, um eine Gleichbehandlung auf niedrigem Niveau mit anderen SozialleistungsbezieherInnen zu erreichen. Hätten wir hier höhere Beträge angesetzt, hätte uns der Autor sicher vorgeworfen, wir würden Flüchtlinge gegenüber den deutschen Sozialleistungsbezieherlnnen bevorzugen wollen.


Im Weiteren führt der Autor als Argument für die Beibehaltung der strikten bayerischen Lagerpflicht für Flüchtlinge an, dass es in den größeren bayerischen Städten gar nicht genügend billigen Wohnraum gäbe. Dieses Argument ist ebenso wenig logisch, wie die Forderung nach einem generellen Arbeitsverbot für Hartz IV-Empfängerlnnen, weil es nicht genügend Arbeitsplätze im Niedriglohnsegment gibt.


Bleibt uns nur noch festzuhalten, dass „die Nebenkosten Strom, Gas und Wasser" in Flüchtlingslagern keinesfalls besser kontrolliert werden können, als in Privatwohnungen. Denn Strom und Wasser müssen die Flüchtlinge, die bereits jetzt in Wohnungen leben, selbst bezahlen. Und mit dem Gas, sollte es zum Heizen gedacht sein, wird in Wohnungen zumindest nicht wie in schlecht isolierten Holzbaracken, uralten Kasernen und verrotteten Containerunterkünften die Umgebung beheizt.


Wir hoffen deshalb sehr, dass die Flüchtlingslager in Bayern bald der Vergangenheit angehören. Das würde nicht nur die menschenunwürdige und inhumane Lebenssituation von 7500 Flüchtlingen in Bayern verbessern. Es würde zu massiven Einsparungen für die bayerischen Steuerzahler führen und Rechtsradikalen ihre klar identifizierbaren Angriffspunkte nehmen.

Stefan Klingbeil, Geschäftsführer des Bayerischen Flüchtlingsrats, München

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