Augsburger Allgemeine, 10.08.2012

Ungerecht und unklug

Ohne Fleiß kein Preis, lautet ein altes deutsches Sprichwort. Was aber, wenn aller Fleiß nichts nützt? Wenn sich jemand unermüdlich anstrengt und dabei Leistungen vollbringt, die dringend gebraucht werden – und trotzdem den Preis nicht bekommt? Einem jungen Asylbewerber ergeht es jetzt so. In einem mit Steuergeldern geförderten Integrationsprojekt hat er sich in die Intensivpflege alter Menschen eingearbeitet, hat ein Jahr lang in einem Praktikum bewiesen, dass er es sehr gut kann. Sein Arbeitgeber würde ihn mit Handkuss als Azubi einstellen. Aber er darf nicht. Weil im dritten Jahr seines Asylverfahrens noch immer unklar ist, ob der junge Mann abgeschoben wird, darf er zwar weiter für wenig Geld arbeiten, aber er darf keine Ausbildung machen.Das ist ungerecht, selbst wenn es bei negativer Auslegung des Ermessensspielraums rechtlich gedeckt ist, besonders in diesem Fall: Der Mann arbeitet zehn Stunden täglich, um ohne Sozialhilfe durchzukommen! Und es ist unklug, weil eine wertvolle Fachkraft verloren geht.

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