Süddeutsche Zeitung, 10.05.2012

Teure Unterkünfte für Asylbewerber

Der Landkreis Landshut hat den Mustervertrag für die Unterbringung abgeändert - und bleibt wohl auf Kosten sitzen


Dem Landkreis Landshut entstehen bei der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern voraussichtlich Mehrkosten, weil er den vorgegebenen Mustervertrag „in einigen Punkten verändert“ hat. Das haben erste Prüfungen der Regierung von Niederbayern ergeben. In einer schriftlichen Stellungnahme hatte Landrat Josef Eppeneder (CSU) vor zwei Wochen bestätigt, dass der Landkreis so einen Mustervertrag erhalten habe. „Daran hat sich die zuständige Abteilung des Landratsamtes strikt gehalten“, führte Eppeneder damals aus. Nach Auskunft der Regierung von Niederbayern, der zuständigen Aufsichtsbehörde, trifft dies allerdings nicht zu.

Die Abweichungen betreffen etwa die Abrechnung von Nebenkosten und die Unterbringung von Kleinkindern, wie ein Sprecher der Aufsichtsbehörde mitteilte. Die Regierung überprüft die Unterbringung von Asylbewerbern nach wirtschaftlichen Kriterien, die der Landkreis Landshut offenbar nur unzureichend erfüllt. Zwar müsse man die endgültigen Ergebnisse abwarten, heißt es, doch zeichne sich ab, dass der Freistaat dem Landkreis „wohl nicht alle Kosten erstatten“ könne.

Darüber hinaus wird die Regierung der Frage nachgehen, ob der Landkreis tatsächlich die geeignetsten Immobilien angemietet hat. In Vilsbiburg etwa bezahlt der Kreis Miete für drei Asylbewerberunterkünfte, obwohl er nach Ansicht einiger Kreisräte dort selbst ein passendes Gebäude besitzt. Er habe daher „fast schon den Verdacht, dass mit Steuermitteln nicht ordentlich umgegangen“ werde, sagte Hans Weinzierl, der Fraktionssprecher der Freien Wähler im Kreistag. Eine dieser drei an den Kreis vermieteten Immobilien in Vilsbiburg gehört zwei Kindern von Josef Eppeneder. Der Landrat steht seit Wochen in der Kritik, weil er seinen Kindern bei diesem Geschäft geholfen haben soll. Auch ein Wirtshaus in Wörth an der Isar haben Eppeneders Kinder an den Landkreis vermietet. Erst auf Nachfrage hatte der Landrat eingeräumt, dass er den Kauf dieses Gebäudes auf Bitten seiner Kinder begleitet hat.

Die Landkreis-Immobilie in Vilsbiburg sei in mehrfacher Hinsicht nicht als Asylbewerberunterkunft geeignet, verteidigte sich Eppeneder: Sie sei teilweise vermietet und bedürfe einer Nutzungsänderung und verfüge nicht einmal über Duschen. Sie herzurichten würde mehrere Wochen dauern. Demnach dürfe jedoch auch Rottenburg keine Asylbewerberunterkunft haben, sagt Bürgermeister Alfred Holzner (Freie Wähler). Er wirft dem Landkreis vor, die Stadt regelrecht erpresst zu haben. Zwei Rumänen hätten der Kreisverwaltung angeboten, ein zur Zwangsversteigerung anstehendes Gebäude in Rottenburg als Asylbewerberunterkunft zu vermieten. Den beiden Männern sei es nur darum gegangen, mit dem renovierbedürftigen Gebäude möglichst großen Profit zu erzielen, sagt Bürgermeister Holzner. Als er beim Landratsamt interveniert und die Suche nach einer anderen Unterkunft angeboten habe, sei ihm mitgeteilt worden, dass er dazu fünf Tage Zeit habe. Ansonsten würden die Rumänen zum Zug kommen. Mangels Zeit mietete die Stadt das Gebäude daraufhin selbst an - für monatlich 5000 Euro - und sanierte es innerhalb weniger Tage. Der Aufwand für die Liegenschaft in Vilsbiburg wäre nicht viel größer gewesen, vermutet Holzner.

In dem Quartier in Rottenburg sind 19 Asylbewerber untergebracht, mit deren Betreuung sich die Stadt allein gelassen fühlt. Im zuständigen Landratsamt kümmere sich niemand darum, rügt der Bürgermeister. Als Heimleiter fungiert derzeit der Bauamtsleiter, doch mit der Betreuung einer traumatisierten 16-Jährigen sei auch der überfordert. Außerdem habe die Stadt vom Kreis für Februar und März noch keine Miete erhalten.

Wolfgang Wittl

Quelle: Süddeutsche Zeitung

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