Süddeutsche Zeitung, 16.12.2010

Starre Fronten im Streit um Flüchtlinge

Landtagsdebatte zeigt, zwischen Ministerin Haderthauer und der Opposition gibt es in dieser Frage keine Annäherung


Die Positionen sind längst klar. Und ebenso verhärtet. Die Asylpolitik der Staatsregierung und vor allem die Haltung von Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) stößt bei der Opposition im Landtag seit Monaten auf erbitterte Kritik. Rechtspopulistisch, perfide, schäbig - der Ton wird zunehmend schärfer. Hungerstreiks in mehreren Gemeinschaftsunterkünften, Berichte über den schlechten Zustand mancher Einrichtungen und der Protest der Asylbewerber gegen die Essenspakete, an deren Stelle sie Bargeld fordern, befeuerten die Diskussion noch. Aber Haderthauer bleibt dabei: 'Wer mit den Leistungen in Deutschland nicht zufrieden ist, kann jederzeit wieder zurück', hatte sie kürzlich gesagt.

Grund genug für die Grünen, das Thema im Landtag noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen. Allerdings mussten sie ihre Empörung in einer sehr scharf geführten Debatte zunächst ohne die Adressatin kundtun: Haderthauer steckte wetterbedingt im Stau auf der Autobahn.

Als sie kam, blieb es bei der kühlen Stimmung. Es gebe viel zu viele, die das Gastrecht in Deutschland missbrauchten, wiederholte Haderthauer. 74,1 Prozent der Erstanträge auf Asyl seien in Bayern in diesem Jahr abgelehnt worden.

Wenn alle, die ausreisen müssten, dies auch befolgten, könne man mehr für diejenigen tun, 'die wirklich unseren Schutz und unsere Steuergelder brauchen'. Und das, betonte die Sozialministerin, 'das muss man auch mal sagen dürfen.'Zwar räumte sie ein, dass es bei einigen der 104 Gemeinschaftsunterkünften Nachholbedarf gibt, aber sie habe angeordnet, alle nötigen Sanierungen anzugehen. In Sachen Verpflegung gab sich Haderthauer unnachgiebig: Der Freistaat lasse sich nicht durch die Verweigerung von Essenspaketen erpressen. Unterstützung bekam sie vom CSU-Sozialpolitiker Bernhard Seidenath, der harsche Attacken gegen den Flüchtlingsrat losließ. Er warf dem ehrenamtlichen Gremium vor, die Asylbewerber für politisch radikale Forderungen zu instrumentalisieren und bezeichnete den Flüchtlingsrat als 'Kollaborateure der Grünen'.

In der CSU gebe es einen grassierenden Virus namens Rechtspopulismus, sagte die Grünen-Sozialexpertin Renate Ackermann. Sie appellierte an die in der CSU vielbeschworene christlich- abendländische Kultur, zu der es gehöre, diejenigen aufzunehmen, 'die hilfesuchend zu uns kommen'. Die Grünen- Fraktionschefin Margarete Bause warf der CSU vor, sich gefährlich nahe an der Sprache der Rechtsextremen zu bewegen. 'Sie schüren damit Ausländerfeindlichkeit', sagte auch Angelika Weikert von der SPD. Sie mahnte Haderthauer, sich tatsächlich um ihre Aufgabe, das Soziale, zu kümmern und keine zweite Innenministerin zu geben. 'Der macht das schon ganz gut', sagte Weikert an die Adresse von Joachim Herrmann (CSU), der ob des Lobes einen etwas verblüfften Eindruck machte, wenngleich das Lob nicht unbedingt als ein solches gemeint war.

Selbst in der FDP gibt es wenig Zustimmung zur rigiden Politik des Koalitionspartners. Sozialexpertin Brigitte Meyer blieb diplomatisch. Aber an ihrer Haltung ließ sie keinen Zweifel. 8435 abgelehnte Asylbewerber leben derzeit in den Unterkünften, sagte Meyer. 'Auch für diese Menschen haben wir eine Fürsorgepflicht.'

Katja Auer

Quelle: Süddeutsche Zeitung

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