Hessischer Rundfunk, 14.10.2012

Schwarz-Schilling kritisiert Asylpolitik


Die Meldung sorgte kürzlich für Aufregung: Einige Asylsuchende mussten in Zelten schlafen, weil die Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Hessen angespannt ist. Grund sei vor allem die wachsende Zahl von Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien, erklärte das Regierungspräsidium Gießen. Innenminister Boris Rhein (CDU) forderte – genau wie einige seiner Amtskollegen in Bund und Ländern - umgehend eine Visumspflicht für Serben und Mazedonier, um "Asylmissbrauch zu stoppen".

"Serbien ist kein Rechtsstaat"

Asylmissbrauch - für dieses Wort hat der frühere Bundesminister und Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling (CDU), in diesem Zusammenhang kein Verständnis: "Ich bedauere, dass das von Leuten in den Mund genommen wird, die von der wirklichen Situation der Menschen, die aus diesen Gegenden kommen, keine Ahnung haben." Serbien sei kein Rechtsstaat, betonte der 81-Jährige im Interview mit dem hr-Magazin "defacto". Radikales Denken sei dort nach wie vor vorhanden. Wenn politische Delegationen sich vor Ort informierten, bekämen sie ohnehin meist nur "Potemkinsche Dörfer" präsentiert. "Hier fehlt jegliche Expertise", so Schwarz-Schilling.
 
"Flüchtlingszahlen hätten man voraussehen können"

Dass die Flüchtlingszahlen aus bestimmten Ländern steigen würden, hätte man voraussehen können. In Deutschland und Europa gebe es diesbezüglich "völlige Fehleinschätzungen", es herrsche "Planwirtschaft" in der Asylpolitik. Auf die Frage, ob das Erstaunen einiger Politiker über steigende Asylsuchenden-Zahlen System habe, antwortete Schwarz-Schilling: "Das hat solange System, als von den politischen Führungen, sei es also den verschiedenen Ministern, gerade auch den Innenministern, nicht klare Weisungen an die Ämter gehen."

Kritik übte Schwarz-Schilling auch an der Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften. "Ich bin absolut dagegen", sagte der CDU-Politiker. "Ich halte das für eine absolut integrationsfeindliche Maßnahme." Die Menschen seien gezwungen, in den Unterkünften "Daumen zu drehen", junge Leute würden dort ausflippen. "Wollen wir das?", fragte Schwarz-Schilling und erklärte weiter: "Es gibt bessere Möglichkeiten."

Hessens Innenminister Rhein hatte am Freitag erklärt, für seine Forderung, die Visumsfreiheit für Menschen aus Serbien und Mazedonien auszusetzen, bekomme er Rückendeckung von Amtskollegen aus zehn Bundesländern. Er verwies auf die "gegen Null tendierende Anerkennungsquote" für Flüchtlinge aus diesen Ländern. Die Menschen seien "keiner asylrelevanten Verfolgung" ausgesetzt und kämen vielmehr "aus wirtschaftlichen Gründen". Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte die EU auf, die Visumsfreiheit für Serbien und Mazedonien schnellstmöglich auszusetzen.

Quelle: Hessischer Rundfunk

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