Mainpost, 16.03.2013
Schlagabtausch nach GU-Besuch
Ministerin Haderthauer und Abgeordnete Tolle werfen sich gegenseitig Eiseskälte vor
Der Besuch von Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber sorgt weiter für Wirbel. Wie berichtet, war es zum Eklat gekommen, als knapp 30 Flüchtlinge und Unterstützer versuchten, den Dienstwagen am Abfahren zu hindern und die Ministerin zu einem Gespräch zu bewegen. Erst als Polizei kam, räumten die Demonstranten – friedlich – das Feld.
In einer Presseerklärung prangert die Ministerin das Verhalten der Grünen-Politikerin Simone Tolle (Arnstein) an. Die Landtagsabgeordnete hatte Haderthauer bereits mit einem Plakat mit der Aufschrift „Lager töten“ begrüßt. Sie spielte damit auf Suizide von Asylbewerbern an. Die Ministerin findet dies „einfach nur geschmacklos“. Die Grünen instrumentalisierten Asylbewerber „eiskalt für ihren Wahlkampf“.
Als Beleg für ihren Vorwurf sieht Haderthauer auch Tolles Weigerung, am GU-Rundgang und am Gespräch mit Bischof Friedhelm Hofmann sowie weiteren Vertretern von Politik, Kirchen und Sozialverbänden teilzunehmen. Die Abgeordnete habe stattdessen die Zeit genutzt, um Flüchtlinge und Sympathisanten „zusammenzutrommeln“. Gipfel der Aktion sei die Blockade der Abfahrt gewesen. Die Demonstranten hätten auf sie, so sagt die Ministerin, „sehr bedrängend“ gewirkt. Haderthauer: „In dieser aufgeheizten Atmosphäre sah ich keine Basis für weitere Gespräche.“
Dieses Nein empört indes Tolle. Schon ihr Fernbleiben beim Rundgang hatte sie mit dem Wunsch begründet, lieber mit als über die Asylbewerber zu reden. Nun legt sie nach: Der Besuch der Ministerin sei die „Visite der eiskalten Schneekönigin“ gewesen. Haderthauer habe nicht nur das Gespräch verweigert, sondern den Asylbewerbern auch noch den Flüchtlingsstatus abgesprochen. Tolle: „Kälter und entwürdigender kann man Menschen, die bei uns Schutz suchen, nicht behandeln.“ Auch der Bayerische Flüchtlingsrat greift die Ministerin an. Sie sei zu feige gewesen, „sich der Kritik an ihrer Lagerpolitik zu stellen“ und habe sich im Dienstwagen versteckt, so Flüchtlingsratssprecher Alexander Thal.
Haderthauer betont dagegen, dass sie bei ihrem Rundgang und bei einem früheren Besuch sehr wohl auch mit Asylbewerbern geredet habe, allerdings ohne Öffentlichkeit. Sie setze, so die Ministerin, „auf Sach- und nicht auf Showpolitik“.
Konstruktive Gespräche trotz aller parteipolitischen Differenzen bestätigt der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib, der – obwohl zunächst im Gegensatz zu seinen CSU-Kollegen Barbara Stamm und Oliver Jörg ebenfalls nicht eingeladen – das Angebot, am Rundgang teilzunehmen, annahm. Die Asylbetreuer hätten die Anliegen der Flüchtlinge gut vorbringen können. Allerdings findet auch Halbleib, es hätte dem Treffen gut getan, wenn ein oder zwei Flüchtlinge stellvertretend für die GU-Bewohner dabei gewesen wären oder wenn die Ministerin einige Vertreter empfangen hätte. „Da zählt schon die Geste“, so der SPD-Mann.
So ist's richtig
Unterdessen stellt die Redaktion richtig, dass der in der Freitagsausgabe zitierte Satz, die GU Würzburg stehe dank des Engagements vieler Gruppen „nicht ganz so schlecht“ da wie andere Unterkünfte in Bayern, nicht von Ministerin Haderthauer stammt, sondern von Bischof Hofmann.
Michael Czygan
Quelle: Mainpost