Süddeutsche Zeitung (Dachau), 30.12.2009

Sammellager kosten den Freistaat mehr Geld

Dem Flüchtlingsrat zufolge würden durch die Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen 13,6 Millionen Euro gespart

 

Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath fühlt sich nicht ausreichend informiert. „Da steht Aussage gegen Aussage“, sagt er. Sein CSU-Landtagskollege Joachim Unterländer erklärt:
„Von keiner Seite liegen objektivierbare Zahlen vor.“

Auf bayerischer Ebene ist eine Kontroverse entbrannt. Es geht um die Unterbringung von Asylbewerbern, und um die Kosten, die der Freistaat zu tragen hat. Der Bayerische Flüchtlingsrat kommt in einem Gutachten zu dem Schluss, dass das Land jährlich einen zweistelligen Millionenbeitrag sparen könnte – wenn Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge aufgelöst würden und sie in Wohnungen leben dürften. Das Sozialministerium bestreitet das. Wie eine Sprecherin
mitteilte, wird die Behörde dem Landtag im Frühjahr eine eigene Studie vorlegen.

Der Verfasser des Flüchtlingsrat-Gutachtens ist Alexander Thal, Sprecher des Gremiums. Er hat ermittelt, dass der Verzicht auf Sammelunterkünfte ein Sparvolumen von 13,6 Millionen Euro brächte. Thal schätzt die durchschnittlichen Kosten für einen Aufenthalt in einem Lager auf 450
Euro monatlich. Genaue Zahlen seien ihm von dem zuständigen Stellen nicht genannt worden. Für die Unterkunft in Dachau ergeben sich Thal zufolge diese Vergleichszahlen: Die Unterbringung einer vierköpfigen Familie in den Baracken an der Kufsteiner Straße kostet monatlich 1800 Euro, für eine Wohnung in der Stadt müssten sie 989 Euro bezahlen. Lediglich für Alleinstehende seien die Mieten auf dem freien Markt teurer (494,55 Euro). Obwohl fast die Hälfte aller Bewohner in der Kufsteiner Straße Alleinstehende seien, würde sich der Freistaat trotzdem 126 291,60 Euro im Jahr sparen – wenn denn alle ausziehen dürften.

An anderen Standorten wie Neuburg (810 120 Euro), Augsburg (596 769) oder Bayreuth (422 700) wäre die Ersparnis noch größer. Der Flüchtlingsrat fordert daher „Flüchtlinge in Wohnungen statt in Flüchtlingslagern unterzubringen“. Ob er damit Erfolg hat, scheint eher unwahrscheinlich. Nach
Angaben von Seidenath soll derzeit nicht an den Sammelunterkünften gerüttelt werden. „Wenn aber das Gutachten des Flüchtlingsrates tatsächlich die Realität wiedergibt, dann gäbe es auch für uns keinen Grund mehr, gegen eine Unterbringung der Flüchtlinge in Privatwohnungen zu sein“, sagt
er. Dennoch könnten nicht alle Heime abgeschafft werden. Seidenath fürchtet, dass sonst die
Kapazitäten nicht ausreichen werden.

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