Tagesschau, 18.07.2012
Reichen 220 Euro für das Existenzminimum?
Verfassungsgericht entscheidet über Leistungen für Asylbewerber
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet heute darüber, ob Flüchtlinge und andere Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht mehr Geld vom Staat bekommen müssen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hält die Beträge für zu niedrig und hatte das Gesetz in Karlsruhe zur Prüfung vorgelegt.
Seit 1993 sind die Beträge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht erhöht worden. Sie liegen bei rund 220 Euro im Monat. Ein Hartz-IV-Empfänger erhält 374 Euro. Dieser Satz, immerhin rund 40 Prozent höher als der des Asylbewerbers, gilt als Existenzminimum.
Richter zeigten Zweifel an Höhe der Leistung
In der mündlichen Verhandlung hatten die Karlsruher Richter deutliche Zweifel daran geäußert, ob die Leistungen für Asylbewerber mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum vereinbar sind. Die Leistungen müssten sich genauso wie die Hartz-IV-Sätze "am Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums messen lassen", sagte der Vizepräsident des Gerichts, Ferdinand Kirchhof.
Der Rechtsvertreter der Bundesregierung, Kay Hailbronner, hatte argumentiert, die Menschenwürde müsse "im Zusammenhang mit der Migrationspolitik auf europäischer Ebene gesehen werden". Essen, Kleidung und Unterkunft sollten Asylbewerber erhalten, aber Gelder für ein "sozio-kulturelles Existenzminimum" nicht.
Derzeit seien rund 130.000 Menschen auf die Zahlung angewiesen. Zwei Drittel von ihnen lebten seit mehr als sechs Jahren in Deutschland, sagte die Berichterstatterin des Verfahrens, Verfassungsrichterin Susanne Baer.
Quelle: Tagesschau