Bayerischer Rundfunk, 15.03.2012
Quanten- oder Schneckensprung?
Neues Asyl-Aufnahmegesetz
Der Landtag hat eine Änderung des Asyl-Aufnahmegesetz beschlossen: Asylbewerber sollen künftig schneller aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen können. Der Flüchtlingsrat und die Opposition bezweifeln die Wirksamkeit des Gesetzes.
Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Familien und alleinerziehende Eltern, die nicht abgeschoben werden dürfen, sofort nach Abschluss ihres Erstverfahrens aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen können. Alle übrigen Personen dürfen vier Jahre nach Abschluss ihres behördlichen Erstverfahrens ausziehen.
CSU jubelt, Freie Wähler kriteln
CSU-Sozialexperte Bernhard Seidenath sprach von einem Quantensprung. Damit würden Fälle, in denen Asylbewerber fast 20 Jahre lang in einer Gemeinschaftsunterkunft verbringen müssten, künftig vermieden. Als "Schneckensprung" bezeichnete Hans Jürgen Fahn (Freie Wähler) das Gesetz. Er erläuterte, dass beispielsweise Kirchenvertreter die Lebenssituation der Asylbewerber als deprimierend bezeichneten. Das bayerische System sei menschenverachtend, die medizinische Versorgung unzureichend. Bayerns Asylpolitik wolle nach wie vor die Ausreisebereitschaft fördern. 1.500 Asylbewerber lebten bereits länger als fünf Jahre hier, 400 davon länger als zehn Jahre. Für ihn sei die bayerische Asylpolitik gescheitert, so Fahn.
SPD: Zu viel bürokratische Hürden
Die SPD-Sozialexpertin Angelika Weikert argumentierte, dass bürokratische Hürden das Gesetz zu sehr einschränkten. So müsse eine Familie erst eine konkrete Wohnung vorweisen, bevor sie aus der Unterkunft ausziehen könne. Es sei unrealistisch, dass dies einer mehrköpfigen Familie selbst gelingen könne. Weikert appellierte an die Staatsregierung, die Menschen offen aufzunehmen und sie mit Sprachkursen ein Stück zu integrieren. SPD, Grüne und Freie Wähler lehnten das Gesetz ab.
Flüchtlingsrat: Zu wenig Vereinfachung
Alexander Thal, Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrats, sagte, dass die Änderung des Aufnahmegesetzes nur wenig Vereinfachung, aber viel Bürokratie bringe. Die Gesetzesänderung bringe zwar einen strukturellen Wandel, der Aufenthalt in Gemeinschaftsunterbringungen müsse – so die Forderung des Flüchtlingsrats – aber weiter zeitlich begrenzt werden.
Quelle: Bayerischer Rundfunk