Frankfurter Rundschau, 02.08.2011

Privatwohnungen für Bayerns Asylbewerber

Asylbewerber in Augsburg demonstrieren vor der Ausländerbehörde. Foto: dpa


Verrottete Unterkünfte, wenig Essen - Asylbewerber in Bayern protestieren seit Jahren gegen die schrecklichen Zustände, zuletzt sogar mit Hungerstreik. Nun soll alles besser werden, kündigt die Landesregierung an.

Ein entsprechender Gesetzesentwurf von Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) soll heute im Kabinett beschlossen werden. Das meldet der Bayerische Rundfunk. Demnach sollen Familien und Alleinstehende mit Kindern aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen können, sobald das Asylverfahren beendet ist. Dann sollen die Betroffenen eine eigene Wohnung bekommen. Alle anderen Asylbewerber würden gemäß der Neuregelung prinzipiell erst vier Jahre nach Ende des Verfahrens die Gemeinschaftsunterkunft verlassen können. Ausgenommen sind Straftäter und Bewerber, deren Identität nicht geklärt ist.

Aus Sicht von Pro Asyl stellt die Neuregelung nur "eine kleine Verbesserung ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau" dar. "Bayern führt weiterhin die Rangliste der Länder an, in den Asylsuchende besonders lang unter besonders problematischen Bedingungenuntergebracht sind", sagte Bernd Mesovic, Experte bei der Flüchtlingsorganisation, FR online. "Andere Bundesländer zeigen, dass es anders geht."

Auch der Bayerische Flüchtlingsrat moniert, dass Familien mit Kindern dem Entwurf zufolge erst nach Abschluss des ersten Asylverfahrens nach zwei bis drei Jahren aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen dürfen; alle anderen erst nach sechs bis sieben Jahren, da sie zusätzliche vier Jahre warten müssten. "Wir halten diese Lösung nach wie vor für absolut unbefriedigend", sagte Alexander Thal vom Flüchtlingsrat dem BR. "Bayern hätte alle Ermessensspielräume, die Lagerpflicht abzuschaffen", so Thal. Mit der Neuregelung rücke Bayern "vom letzten auf den vorletzten Platz" vor, nur in Baden-Württemberg sei die Unterbringung bislang noch strenger geregelt.

Zudem kritisiert der Flüchtlingsrat, dass von dem Kompromiss lediglich einige hundert Flüchtlinge im Freistaat profitieren würden. Etwa 7.000 Asylbewerber würden weiterhin durch die "Lagerpflicht" in insgesamt 118 bayerischen Gemeinschaftsunterkünften "zermürbt". "Jahrelange Unterbringung in Mehrbettzimmern in alten Gasthöfen, ausgedienten Kasernen und verrotteten Containerunterkünften, Gemeinschaftsküchen und -bäder, Polizeikontrollen zu allen Tages- und Nachtzeiten, Essens- und Hygienepakete, Arbeitsverbote" sind laut Flüchtlingsrat dazu da, um die Rückkehrbereitschaft der Betroffenen zu fördern.

Gezerre in der Koalition

Auf die neuen Regelungen hatten sich CSU und FDP in Bayern bereits im Mai 2010 in einem Asylkompromiss verständigt. Doch anschließend begann das Gezerre um die genauen Formulierungen im Gesetzentwurf. Die FDP wollte eine möglichst liberale Auslegung, die CSU möglichst strenge Vorschriften. Erst ein Spitzentreffen der Koalitionäre vor gut zwei Wochen brachte eine Einigung.

In Bayern leben derzeit laut Sozialministerium rund 4200 Asylbewerber. Sie klagen seit Jahren über überfüllte Sammelunterkünfte und mangelnde Versorgung. In Augsburg waren Ende November 250 Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten, um bessere Lebensbedingungen zu erreichen.

Quelle: Frankfurter Rundschau

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