Nürnberger Nachrichten, 02.01.2012

Preuß: Disput geht in die nächste Runde

Affäre um das Ausländeramt nicht ausgestanden — Kernfragen bleiben unbeantwortet


Die Affäre um harte Kritik am Erlanger Ausländeramt ist nicht ausgestanden: Bürgermeisterin Elisabeth Preuß (FDP) gibt sich mit der Einschätzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Regierung von Mittelfranken nicht zufrieden.

Diese übergeordneten Behörden in Nürnberg und Ansbach haben der Stadt korrektes Handeln des Ausländeramtes und auch eines scharf attackierten Mitarbeiters dort attestiert: „Ein Fehlverhalten der Ausländerbehörde und des Sachbearbeiters konnte nicht festgestellt werden. Äußerungen in der Öffentlichkeit über ‚Ermessensentscheidungen am äußersten rechten Rand’ sowie ein ‚Arbeiten mit allen Tricks’ entbehren daher nach den vorliegenden Ausländerakten jeder Grundlage." OB Siegfried Balleis (CSU) hatte sich darüber am Tag vor Silvester „sehr erleichtert“ gezeigt (die EN berichteten).

Bürgermeisterin Preuß von den Liberalen fühlt sich dabei an die „Kalauer um völliges aneinander Vorbeireden“ erinnert: „Um das, was hier fast schon genüsslich ausgebreitet wurde, ging es nämlich überhaupt nicht.“ Keiner der Kritiker habe ihres Wissens nach bezweifelt, dass der umstrittene Mitarbeiter nach geltendem Recht „unseres restriktiven Ausländergesetzes so entscheiden konnte“.

Preuß erinnert an ihre Aussage bei der Diskussion über die Vorwürfe des Bayerischen Flüchtlingsrats in einer Ausschuss-Sitzung des Stadtrats: „Ich habe gesagt, die Frage lautet nicht: Hat er rechtens gehandelt?, sondern: Hätte er auch anders entscheiden können?“. Dies war auch von den Sprechern der SPD und der Grünen Liste explizit so gefordert worden.

„Antworten gehen völlig vorbei"

Ein Beispiel ist ein weibliches Folteropfer aus Erlangen, dem die Fahrt zu einem medizinischen Zentrum für Folteropfer am Bodensee verweigert worden war. Die Frage in diesem Fall sei gewesen, so Preuß: „Hätte der Mitarbeiter den Arztbesuch von Frau F. auch genehmigen können?“.

Die Antworten aus Nürnberg und Ansbach gehen nach Ansicht der Bürgermeisterin an den Kernfragen völlig vorbei. Sollten sie in den Schreiben tatsächlich nicht beantwortet worden sein, „so wird der Disput in die offensichtlich notwendige nächste Runde gehen“, kündigt Elisabeth Preuß gegenüber den EN an.

Ähnlich reagiert der Erlanger Fachanwalt für Sozialrecht Michael Baczko. „Sollen die Bürger auf den Arm genommen werden, wenn verkündet wird, dass die übergeordneten Stellen dem Ausländeramt bescheinigen, rechtlich korrekt gearbeitet zu haben? Dies stand von vorneherein nicht in Frage.“ Es gehe vielmehr um die Art der Anwendung der Gesetze. „Unser Recht ermöglicht es, mit Hilfe korrekter Gesetzesanwendung ‚Unrecht’ zu begehen“, so Baczko zu den EN. Ein hoher Vertreter der Staatsregierung habe in einem menschlich tragischen Fall zu ihm gesagt: „In Bayern geht Sicherheit vor Menschlichkeit.“

In seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt habe er, Baczko, vor Jahren einem leitenden Mitarbeiter des Ausländeramtes Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen: „Vergebens habe ich auf die Strafanzeige gewartet. Immer wieder bin ich in meiner Arbeit mit der Bürgerfeindlichkeit einzelner Behördenmitarbeiter konfrontiert; glücklicherweise gibt es aber auch, hoffentlich in der Mehrzahl, freundliche und hilfsbereite Mitarbeiter.“

HANS PETER REITZNER

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