Süddeutsche Zeitung, 01.02.2012

Mitten in Erlangen: Gnadenlos geschmacklos

Es macht Menschen sympathisch, wenn sie über sich selbst lachen können. Denken Sie an Günther Beckstein, den früheren Ministerpräsidenten, der alljährlich den größten Spaß daran hat, wenn er bei der Fränkischen Fastnacht in Veitshöchheim so richtig schön ausgespielt wird. Nett, oder? Wie er da so herzlich lacht in seinem Kostüm. Bestimmt bastelt er schon an seiner Verkleidung für den Auftritt in diesem Jahr herum.

Eine etwas eigenwillige Form der Selbstironie hat nun ein Mitarbeiter der Erlanger Ausländerbehörde bewiesen. Zwar ist schon wieder Fasching, aber mit seinem Kostüm hat er sich tatsächlich zum Narren gemacht. Er ist mit einem T-Shirt ins Rathaus spaziert, auf dem der Titel „Sheriff Gnadenlos“ aufgedruckt war. Und es war nicht einmal Prunksitzung im Rathaus, es war ganz normale Dienstzeit. Ein Stadtsprecher hat es den Erlanger Nachrichten bestätigt. Nun gibt es allerlei witzige T-Shirts, die sich mit dem Alter, den Trinkgewohnheiten oder dem Frauengeschmack der Träger auseinandersetzen, und selten ist eins darunter, das gleichzeitig auf das hohe intellektuelle Niveau desselben verweist. Aber mit diesem Oberteil lag der Mann besonders daneben. Hatte er doch gerade noch versucht, dem Bayerischen Flüchtlingsrat gerichtlich untersagen zu lassen, ihn als „Sheriff Gnadenlos“ zu titulieren. Diffamiert hatte er sich gefühlt und ungerecht behandelt, sogar Strafanzeigen hatte er gestellt. Der Flüchtlingsrat hatte dem Mann vorgeworfen, es Flüchtlingen in Erlangen besonders schwer zu machen und seinen Ermessensspielraum zu deren Ungunsten auszunutzen. Dabei war auch sein Name öffentlich genannt worden. Das nun soll der Flüchtlingsrat nach einem Vergleich vor dem Münchner Landgericht unterlassen, im Gegenzug zog der Kritisierte seine Strafanzeigen zurück.

Kann der Erlanger Beamte einfach nur besonders gut über sich selber lachen? Eine „demonstrative Form des Sarkasmus“ nannte ein Stadtsprecher seine Reaktion in den Erlanger Nachrichten und betonte aber, dass der Mann das T-Shirt „definitiv nicht“ im Beratungsgespräch mit Flüchtlingen getragen habe. Der Amtsleiter habe ihm außerdem untersagt, noch einmal mit dem T-Shirt im Rathaus herumzulaufen. Erlangen, helau!

Katja Auer

Quelle: Süddeutsche Zeitung

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