Neue Presse Coburg, 23.02.2011

Menschenwürde in Gefahr

"COBURG KONKRET"

Über den menschenwürdigen Umgang mit Asylbewerbern diskutierten gestern Abend bei "Coburg konkret" (von links) Felleke Bahiru Kum, Dekan Christoph Liebst, Landrat Michael Busch u.a., Foto: Hans Blischke


Die gesetzlichen Vorgaben zur Unterbringung von Asylbewerbern führten zu einer "staatlich geförderten  Fremdenfeindlichkeit". Frank Rebhan, SPD-Bezirksrat und Oberbürgermeister von Neustadt sparte bei "Coburg konkret - der Talk der VR-Bank" am Dienstagabend im "Haus Contakt" am Glockenberg in Coburg nicht mit deutlichen Worten.

Menschen in Not Asyl zu gewähren, sei nicht nur im Grundgesetz verankert, sondern Menschenpflicht, betonte Rebhan bei der Diskussionsrunde zur Asyl-Problematik im Coburger Land in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal. Bei der gängigen Praxis der Unterbringung von Asylbewerbern sei es jedoch um die Menschenwürde, "unantastbar" nach dem Grundgesetz, schlecht bestellt. Wenn Menschen unterschiedlichster Herkunft in großen Gemeinschaftsunterkünften mitunter jahrelang in kleinen Zimmern mit sechs oder mehr Betten untergebracht würden, trete das deren Würde mit Füßen. Eine Gemeinschaftsunterkunft mit über 100 Asylbewerbern, wie sie die Regierung von Oberfranken in Ebersdorf vorsieht, sei daher der falsche Weg. Es sei weder für die Ebersdorfer noch für die Asylbewerber eine gute Lösung.

Die Zeit drängt

Von den Erfahrungen in einer Massenunterkunft berichtete Felleke Bahiru Kum, der aus Äthiopien geflüchtet ist. Für ihn sei es der reinste Alptraum gewesen. Das erzwungenen Zusammenleben mit Menschen aus verschiedensten Kulturen auf engstem Raum habe zu psychischen Erkrankungen, Drogenkonsum und Konflikten bis hin zu Auseinandersetzungen mit tödlichem Ausgang geführt.

Dass die Regierung von Oberfranken wegen der Vorgaben des Sozialministeriums selbst im Zugzwang sei, entgegnete der bei der  Bezirksregierung für die Unterbringung zuständige Johann Hümmer. Rund 850 Asylbewerber leben derzeit in zwölf Unterkünften in Oberfranken. Nach den Worten von Hümmer muss der Bezirk in diesem Jahr weitere 400 Männer, Frauen und Kinder aufnehmen. "Die Zahl der Asylbewerber steigt und die Zeit drängt, genügend Unterkünfte zur Verfügung zu stellen", so Hümmer.

Die Asylbewerber aufzunehmen, daran gibt es auch für Landrat Michael Busch (SPD) nichts zu rütteln. Doch sollten die Menschen in kleineren Gruppen im Landkreis verteilt werden. Zu einer solchen "solidarischen Lösung" zur Entlastung Ebersdorfs gebe es eine hohe Bereitschaft unter den Bürgermeistern der 17 Städte und Gemeinden des Landkreises. Busch hat im Landratsamt ein Konzept zur Verteilung der Asylbewerber erarbeiten lassen. Das will er bereits am morgigen Donnerstag im bayerischen Sozialministerium vorstellen. Der zeitnahe Termin sei mit der Unterstützung von MdL Jürgen W. Heike (CSU) zustande gekommen. Bei Zustimmung würde im Landkreis Coburg ein neuer Weg beschritten. Bisher laute die Vorgabe, dass mindestens 30 Asylbewerber gemeinsam unterzubringen seien, so Busch. Die Europa-Abgeordnete Monika Hohlmeier (CSU) erklärte spontan ihre Bereitschaft, Buschs Vorstoß in München persönlich zu unterstützen.

Mathias Mathes

Quelle: Neue Presse Coburg

Zurück