Süddeutsche Zeitung, 11.02.2010

Menschenbild schwarz-gelb

Das CSU-Papier zur Asylpolitik sorgt bei FDP, Grünen und intern für Unmut

Das neue Positionspapier der CSU-Asylpolitik stößt auch in den eigenen Reihen auf Kritik: Der Würzburger CSU-Sozial- und Hochschulpolitiker Oliver Jörg sagte am Mittwoch: „Das entspricht in vielen Dingen nicht dem, wie ich Asylpolitik gestalten möchte." Auch wenn das Positionspapier Flüchtlingen, Asylbewerbern und Geduldeten nun endlich eine zeitliche Perspektive gebe, wie lange sie in Sammelunterkünften bleiben müssen, so sei dennoch der von der CSU anvisierte Zeitraum von bis zu vier Jahren zu lang. „Ich halte einen Zeitraum von einem Jahr für sinnvoll und angemessen", sagte Jörg.

Einige der CSU-Sozialpolitiker setzen nun darauf, dass sie mit Rückendeckung des Koalitionspartners FDP in den Nachverhandlungen noch Verbesserungen für die Flüchtlinge herausholen können. Doch nach außen hin bleiben sie bislang in Deckung. Spitzenkräfte der FDP ließen unterdessen durchblicken, die CSU müsse sich auf zähe Verhandlungen zur bayerischen Asylpolitik einstellen. „Da muss bei unserem Koalitionspartner noch Bewegung reinkommen. Wir haben ein anderes Menschenbild", sagte Brigitte Meyer, die Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag. Die Liberalen wollen- wie dies auch CSU-Sozialpolitiker Oliver Jörg fordert - die Aufenthaltszeit in den Sammelunterkünften auf maximal ein Jahr beschränken.

Bayerns Grüne sehen in diesen Ankündigungen der Liberalen aber nur Lippenbekenntnisse. „Den Worten müssen Taten folgen", sagte Renate Ackermann, die asylpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen. Das neue CSU-Positionspapier sei ein Schlag ins Gesicht: „Einen Sommer lang wurde der Öffentlichkeit vorgegaukelt, dass Bewegung in die völlig verkrustete Asyl- und Flüchtlingspolitik in Bayern gekommen sei", sagte sie. „Und nun der absolute Rückfall in die Steinzeit der CSU-Asylpolitik."

Was die Grünen besonders irritiert: Trotz aller Verbesserungsvorschläge seitens der sozialen Organisationen sei die CSU nicht bereit zum Umdenken. „Die CSU hält an ihrer alten Abschreckungspolitik fest", sagte auch Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Aus Sicht von Renate Ackermann sei das „eine schallende Ohrfeige für die CSU-Sozialpolitiker" und eine absolute Niederlage für Ministerin Christine Haderthauer, die selbst eine humanere Asylpolitik angekündigt habe. Die Leidtragenden seien aber die Flüchtlinge. „Diese Sammelunterkünfte machen Menschen psychisch und physisch krank", sagte Ackermann. Beistand bekommt sie von der Caritas. „Aus christlicher und sozialer Sicht werden hier Flüchtlinge, die ohne-
hin schon zu den Ärmsten der Armen zählen und hoch traumatisiert sind, mit Perspektivlosigkeit bestraft", sagte Caritasdirektor Prälat Hans Lindenberger.

Dass derzeit 16 Bewohner der Sammelunterkunft im niederbäyerischen Hauzenberg die Aufnahme fester Nahrung verweigern, um so unter anderem ihre Forderung nach Bargeld statt Essenspaketen durchzusetzen, ist laut Alexander Thal kein Wunder. „Die Essenspakete enthalten weniger Nahrungsmittel als sie laut Nennwert haben sollten", sagte er. Auch die Forderung der Flüchtlinge nach mehr Bewegungsfreiheit sei nur zu verständlich.

Der frühere bayerische Ministerpräsident und langjährige Innenminister Günther Beckstein verteidigte gegenüber der Süddeutschen Zeitung die Praxis, abgelehnte Asylbewerber in abgelegenen Sammelunterkünften unterzubringen: „Es war - zumindest zu meiner Zeit - politischer Wille, bei schwierigen Personen die Kontakte in einer anonymen Großstadt zu unterbinden und sie in Unterkünften im ländlichen Raum unterzubringen, also etwa in Hauzenberg", sagte er. Das Wort Asylbewerber, so betonte Beckstein, sei ein Sammelbegriff, der höchst unterschiedliche Fälle beinhalte: „Das reicht von höchst bedauernswerten Geschöpfen, die schlimme Dinge erlitten haben, und geht es bis ins Kriminelle, um, Sozialleistungen zu erschleichen."

 

Von Max Hägler und Dietrich Mittler

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