Neues Deutschland, 11.11.2010

Löchriges Dach, offene Kabel, Kakerlaken

Flüchtlingsrat kritisiert Bedingungen in Coburg

 

Der bayerische Flüchtlingsrat spricht von unhaltbaren Zuständen in einer Asylbewerberunterkunft in Coburg. Die Regierung von Oberfranken weist das zurück, will aber sanieren.

Coburg (dpa/ND). Der bayerische Flüchtlingsrat hat am Dienstag menschenunwürdige Zustände in einer Asylbewerberunterkunft in Coburg beklagt und deren sofortige Schließung gefordert (ND berichtete). Die Regierung von Oberfranken als Hausherr erklärte, die Aufträge für eine Sanierung seien bereits vergeben. Mit den Arbeiten werde in Kürze begonnen, sagte eine Sprecherin. Von unhaltbaren Zuständen könne keine Rede sein.

In einer Mitteilung erinnerte Flüchtlingsratssprecher Alexander Thal Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) an ihre Zusage vom Frühjahr, dass Flüchtlinge »nach zeitgemäßen humanitären Maßstäben und angemessen untergebracht werden«. Der Flüchtlingsrat hatte die Unterkunft in Coburg in der vergangenen Woche im Rahmen seiner Bayern-Tour besichtigt.

»Wie die Leute hier untergebracht sind, schlägt dem Fass den Boden aus«, sagte Thal. Das Gebäude sei baufällig. Tiefe Risse durchzögen die Mauern, Türrahmen seien verzogen. Es regne durch das Dach, das Wasser sickere durch die Decke in die Küche und von dort weiter ins Bad. »Die Kabelschächte der Elektroinstallation liegen offen, teilweise hängen Steckdosen an den Kabeln aus den Schächten heraus«, heißt es in der Mitteilung. Auch die hygienischen Bedingungen sind laut Thal schockierend. Für rund 50 allein stehende Männer gebe es auf zwei Etagen nur ein Pissoir, drei Toiletten und zwei Duschen. Auch seien Kakerlaken gesehen worden.

In dem Haus leben etwa 60 Menschen. Der Flüchtlingsrat forderte die Landtagsfraktionen auf, sich schnellstmöglich ein Bild von den Zuständen in Coburg zu machen. Für das Gebäude sollte ebenso wie für die Asylbewerberunterkünfte in der Rosenheimer Straße und der Waldmeisterstraße in München eine Schließung erwirkt werden. Der Flüchtlingsrat nennt die Unterkünfte »Lager« und beklagt seit Jahren die Zustände in den mehr als 110 Asylbewerberhäusern bayernweit mit mehr als 7500 Bewohnern.

»Kakerlaken sind allenfalls ein punktuelles Problem«, sagte die Sprecherin der Regierung von Oberfranken, Corinna Boerner. Bereits in den vergangenen Jahren seien Reparaturen und Renovierungsmaßnahmen erfolgt. Zwar habe es Schließungspläne gegeben. Da die Zahl der Flüchtlinge aber wieder ansteige, sei man auf die Unterkunft angewiesen.

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