junge Welt, 09.06.2009

Lagerschlußverkauf

Bayerischer Landtag entscheidet im Sommer über Unterbringung von Flüchtlingen

Selbstbestimmtes Wohnen und Leben statt Lagerunterbringung für Flüchtlinge fordert das »Netzwerk Deutschland Lagerland« anläßlich der Entscheidung, die der Bayerische Landtag darüber im Sommer treffen will. Mit Aktionstagen vom 11. bis zum 14. Juni will das Netzwerk, dem auch der Bayerische Flüchtlingsrat angehört, noch einmal Druck für die Schließung der Sammelunterkünfte machen.

Anstelle der »Lagerpflicht« soll es die Möglichkeit der freiwilligen Erstaufnahme in Übergangsunterkünften geben – mit sozialer Betreuung und Hilfestellung für Behördengänge. »Unser Ziel ist aber, daß die Flüchtlinge so bald wie möglich in Privatwohnungen untergebracht werden«, sagt Martina Mauer vom »Netzwerk Deutschland Lagerland«. Neben einer Dauerkundgebung in München sind ein öffentliches Hearing mit Lagerbewohnern sowie Aktionen vor dem Innenministerium und eine Demonstration zum Bayerischen Landtag.

Bei einer Anhörung, die am 23. April im Landtag stattfand, waren sich Flüchtlinge und Experten über die katastrophalen Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften einig: Mehrbettzimmer oder Metallcontainer, Duschen, die mit mehr als 15 Personen benutzt werden, Schmutz und Schimmel.

Gegenwärtig leben 7636 Menschen in den 118 bayerischen Flüchtlingslagern. Drei Jahre verbringen sie dort im Durchschnitt, denn die bürokratischen Mühlen arbeiten langsam. So nehmen die Asylverfahren Zeit in Anspruch, die effektiv zur Integration genutzt werden könnte – wenn es politisch gewollt wäre. Aber das war es bisher nicht: »Bei Asylbewerbern im laufenden Asylverfahren können Integrationsaspekte bei der Unterbringung noch keine Rolle spielen«, ließ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im April verlauten. Bei abgelehnten Asylbewerbern habe »die Rückführung Vorrang«. Die zwangsweise Unterbringung in Sammellagern soll »die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern«, heißt es in der bisher geltenden Asyldurchführungsverordnung.

www. fluechtlingsrat-bayern.de

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