Junge Welt, 26.11.2009

Lagerpolitik auf dem Prüfstand

Bayerischer Flüchtlingsrat: Kommunen verschwenden Geld durch Sammelunterkünfte

 

Steuerverschwendung in Millionenhöhe hat der Bayerische Flüchtlingsrat mit einem Gutachten aufgedeckt, das am Dienstag in der Landeshauptstadt München vorgelegt wurde. Das Ergebnis des Kostenvergleichs zeigt, daß die Unterbringung in Wohnungen um rund 13,6 Millionen Euro pro Jahr billiger wäre als das Einpferchen der Flüchtlinge in Sammelunterkünften. Mit humanitären Argumenten gegen die »Lagerpflicht« sind antirassistische Initiativen bisher gescheitert. Mit dem Gutachten könnte aber neue Bewegung in die Debatte im bayerischen Landtag kommen, hoffen Flüchtlingsrat und das Netzwerk Deutschland Lagerland, die seit langem Wohnungen für Flüchtlinge fordern. »Damit ist das letzte Argument der CSU für die Lagerunterbringung vom Tisch«, sagte Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat am Mittwoch gegenüber junge Welt.

Die Berechnungen orientieren sich an den Mietobergrenzen für Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII. Diese sind klar bezifferbar und werden von den Kommunen festgelegt. Sie orientieren sich am lokalen Wohnungsmarkt, geben maximale Beträge für Nettokaltmieten, angemessene Betriebs- und Heizkosten vor und sind nach Anzahl der im Haushalt lebenden Personen gestaffelt. Dadurch läßt sich für jede bayerische Kommune nachvollziehen, wie hoch die Warmmiete maximal sein darf, damit sie von den Sozialbehörden erstattet wird. Dieser Betrag liegt zum Beispiel in Neuburg an der Donau bei 320 Euro für Alleinstehende und bei bis zu 620 Euro für eine fünfköpfige Familie. Die Lagerunterbringung kostet dort zur Zeit monatlich 450 Euro pro Einzelperson. Im Jahr werden dadurch allein in Neuburg an der Donau Mehrkosten von 810 120 Euro verursacht.

Das Kostenargument haben die Aktivisten der CSU schon lange nicht mehr abgenommen. Inzwischen gebe es aber eine Gesprächsbereitschaft einzelner Unionspolitiker, berichtete Thal. CSU-Sozialministerin Christiane Haderthauer hatte beispielsweise angedeutet, die Sammelunterbringung komfortabler gestalten zu wollen, nachdem Flüchtlingsinitativen über Schimmel und Enge geklagt hatten. Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann will an den Lagern, die aus seiner Sicht die »Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland« fördern, festhalten.

Humanistische Argumente zählen in dieser Logik nicht. Ob Herrmann sich vom Kostenargument überzeugen läßt, bleibt abzuwarten.

Claudia Wangerin

 

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