Augsburger Allgemeine Zeitung, 11.11.2010
Kritik an trostlosen Zuständen in Flüchtlingslagern
Ein Schlafplatz in einem Stockbett, dicht an dicht mit drei anderen Männern in einem hohen Raum mit etwa 16 Quadratmeter Grundfläche, vier Toiletten auf der Etage für 70 bis 80 Leute, zwei Kochherde mit jeweils vier Platten für ebenso viele und Essenspakete zweimal die Woche: Das ist oft viele Jahre lang die trostlose Lebensrealität von Flüchtlingen in Augsburg.
Der heruntergekommene Backsteinbau der ehemaligen Hindenburgkaserne, die ehemalige Flakkaserne und das Frauenlager in Schwabmünchen waren gestern Stationen der „Schmutzige Donnerstags-Tour“ von Flüchtlings-Hilfsorganisationen wie der „Karawane“ und des Bayerischen Flüchtlingsrats, die seit Oktober zwei Monate lang durch alle Regierungsbezirke führt. Der Gesamtzustand der Gemeinschaftsunterkünfte sei „schlimm“, resümierte Stefan Klingbeil vom Flüchtlingsrat.
Die schlechten räumlichen Verhältnisse sind nur ein Kritikpunkt. Unterkünfte, in denen auch nur die vom Landtag empfohlenen Mindeststandards – zum Beispiel sieben Quadratmeter Fläche pro Person – eingehalten werden, „muss man suchen“, so Klingbeil. Der Antrag der Stadt Augsburg, große Unterkünfte mit Lagercharakter zu schließen und kleine Unterkünfte für vier bis fünf Familien einzurichten, wurde vom Landtag abgelehnt.
Hinzu kommt die Einschränkung der Bewegungsfreiheit: Die Staatsregierung hatte zwar im Frühjahr die Lockerung der Residenzpflicht verkündet. Doch viele Betroffene merken davon nichts. Zwei Männer aus Sierra Leone zeigten ihre Ausweise, in die die Beschränkung auf die Stadt Augsburg eingetragen ist.
Einmal im Jahr eine Reise von Augsburg nach München
Verreisen – etwa nach München – dürfen sie nur einmal im Jahr auf Antrag. Die Genehmigung koste zehn bis zwölf Euro, und das bei einem Taschengeld von 40 Euro im Monat. Eigenes Geld zu verdienen ist oft ebenfalls unmöglich. Ein Jahr gibt es überhaupt keine Arbeitserlaubnis und danach nur eine eingeschränkte (wenn kein Deutscher die Arbeit machen kann oder will). Ein Hindernis bei der Arbeitssuche ist auch der unsichere Aufenthaltsstatus geduldeter Flüchtlinge. Und wer dann doch Arbeit findet, sucht oft vergeblich eine Wohnung. Dann bleibt nur das Stockbett im Lager. Weil er Geld verdient, koste es ihn jetzt 200 Euro, berichtete ein Iraker.
Von Manuela Mayr
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