Süddeutsche Zeitung, 09.05.2008

Krank machender Schimmel, verstopfte Toiletten

Leben im Asylbewerberheim

Zu einem Leben auf engstem Raum und unter fragwürdigen Bedingungen sind die Bewohner des Asylbewerberheims gezwungen. Foto: pob
Am 23. Juni kommt hoher Besuch. Dann werden Mitglieder der Staatsregierung, des Landtags und verschiedener Wohlfahrtsverbände die Gemeinschaftsunterkunft an der Waldmeisterstraße besuchen. Sie werden vielleicht einige Stunden in den Containern verbringen, in denen Asylsuchende Jahre leben müssen. Möglicherweise werden bis dahin auch einige Missstände beseitigt sein, über die sich Bewohner und ehrenamtliche Helfer beklagen. Ob sich die grundsätzlichen Lebensbedingungen der 163 Flüchtlinge bis dahin verbessert haben, ist offen.

In der Unterkunft muss es an manchen Tagen bestialisch stinken: Die mit ausgelegten Ködern vergifteten Ratten schleppen sich unter die Container und verenden dort. Der Aasgeruch sei dann "nicht auszuhalten", erklärt Gisela Köllinger von der Initiative "Asylsuchende und wir" der SZ. Die hygienischen Verhältnisse beschreibt Köllinger als insgesamt "katastrophal". So seien die Toiletten regelmäßig verstopft, in eine Dusche seien Fäkalien eines oberhalb gelegenen undichten Abflussrohrs getropft.

Die Caritas spricht in einer Pressemitteilung von "menschenunwürdigen Verhältnissen". Die zum Teil 20 Jahre alten Container seien für eine so lange Nutzung nicht ausgelegt und befänden sich in einem desolaten Zustand, heißt es weiter. Köllinger weiß von einem Kind, das aufgrund des Schimmelbefalls in dem mit ihren Eltern bewohnten Container chronische Bronchitis bekommen habe. Die meisten Kinder seien ohnehin "dauernd am Husten und Schniefen". In den Containern sei es entweder "zu heiß oder zu kalt". Im Sommer heizt sich das Metall stark auf, erst eine Spende von Ventilatoren hat eine Verbesserung gebracht.

Kinder schämen sich, dort zu wohnen

Ohnehin haben die Kinder stark unter den Verhältnissen zu leiden. Für sie gibt es nur einen 30 Quadratmeter großen Raum zum Spielen. Dieser wird zugleich von der Hausaufgabenbetreuung genutzt und kann nur von den Sozialarbeiterinnen und ehrenamtlichen Helfern aufgeschlossen werden. Bei schlechtem Wetter müssen die Kinder in den Gängen oder in den Familienräumen spielen.

Diese sind überfüllt. Vierköpfige Familien leben in einem Container auf 18 Quadratmetern zusammen. Ein Ehepaar mit fünf Kindern hat zwei Räume zur Verfügung, für die der Vater, der als Putzkraft arbeitet, 600 Euro Miete zahlt. Eine Alleinerziehende, die seit zehn Jahren in der Unterkunft untergebracht ist, lebt mit ihren drei Kindern auf 18 Quadratmetern. Ihr ältester Sohn besucht die Fachoberschule. Seine Betreuerinnen sagen, dass er sich wie viele andere Kinder schäme, dort wohnen zu müssen.

Caritasdirektor Hans Lindenberger wirft der Regierung von Oberbayern in der Pressemitteilung "schwere Versäumnisse" vor. Deren Sprecher, Heinrich Schuster, verweist auf die Mittel, die der Landtag bewillige. Schuster beschreibt die Wohnsituation an der Waldmeisterstraße als "einfach", hält die Vorwürfe aber für übertrieben. Es sei schwierig, in München Unterkünfte zu finden, sagt Schuster. Seit Anfang des Jahres sei zudem geplant, die bestehenden Stehtoiletten durch Sitztoiletten zu ersetzen. In jüngster Zeit habe man vermehrt Vandalismus wahrgenommen, was zu verstopften Toiletten geführt habe, so Schuster.

Peter Oberstein

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