Erlanger Nachrichten, 28.01.2012

Kommentar: Wenig Gespür

In Krisen hilft nur Offenheit


Probleme werden nicht besser, wenn man sie wegschweigt. Das ist in der Familie so wie in der Politik. Umso mehr gilt dies, wenn die Probleme so gravierend sind, wie die seit Wochen bestehenden Vorwürfe gegen die Ausländerbehörde, sie entscheide in der Regel gegen die Interessen der Flüchtlinge.

Dass gerade in dieser Situation der Vorsitzende des Ausländer- und Integrationsbeirats eine Diskussion in seinem Gremium verhindern will, ist kaum zu glauben. Damit setzt er sich dem Eindruck aus, sich wegzuducken und lieber im stillen Kämmerchen mauscheln zu wollen: Das politische Gespür, das den Vorsitzenden José Luis Ortega sonst auszeichnet, hat ihn offensichtlich in dieser Causa verlassen.

Deshalb war es umso wichtiger, dass etliche Beiratsmitglieder dennoch das Wort ergriffen und ihren tiefen Unmut über die Ausländerbehörde artikuliert haben.

Verwunderung löst aber auch die Position der Stadt aus. Rechtsreferentin Marlene Wüstner und Oberbürgermeister Siegfried Balleis haben inzwischen wiederholt betont, sie wüssten über bestimmte Probleme um das Ausländeramt nicht Bescheid — obwohl viele Vertreter von Flüchtlingsorganisationen von Krisengesprächen berichten und Briefe an die Stadtspitze existieren, in denen die Ausländerbehörde kritisiert wird. Etliche Fragen bleiben also weiter ungeklärt. Auf all diese Ungereimtheiten kann es nur eine Antwort geben: Transparenz und Offenheit — sonst bleibt dauerhaft, was die SPD-Stadträtin Elisabeth Rossiter schon jetzt befürchtet: ein immenser Imageschaden für die Stadt Erlangen.

Ralf H. Kohlschreiber

Quelle: Erlanger Nachrichten

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