Erlanger Nachrichten, 03.12.2011

Kinder und Mutter sollen wieder zu ihrem Vater

Runder Tisch Flüchtlinge fordert die Stadt auf, sich für eine Rückkehr der abgeschobenen Flüchtlinge einzusetzen

 

Im Juli sind seine Frau und seine drei Söhne (14, sechs und ein Jahr alt) in die Slowakei abgeschoben worden. Seitdem hat Florim Berisha, der Ehemann und Vater, seine Familie nicht mehr gesehen. Der Runde Tisch Flüchtlinge will, dass die Kinder und die Frau wieder nach Erlangen zurückkehren: Die Stadt Erlangen soll sich dafür einsetzen.

Ein Roma aus dem Kosovo ist Florim Berisha. Er ist nur deshalb von der Abschiebung verschont geblieben, weil er, als die Polizei seine Familie abgeholt hat, zufällig nicht in der Flüchtlingsunterkunft anwesend war ( die Erlanger Nachrichten haben ausführlich berichtet).

In der Slowakei kann die Familie auch nicht zusammenkommen. Der Staat weigert sich, Berisha zu seiner Familie einreisen zu lassen.

Bei einer Enthaltung hat der Runde Tisch Flüchtlinge die Stadt nun übereinstimmend aufgefordert, die Familie in Erlangen zusammenzubringen. „Nach Artikel 6 Grundgesetz steht die Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“, lautete die Begründung.

Der Runde Tisch Flüchtlinge ist ein Gremium, das sich auf einen einstimmigen Beschluss des Stadtrates gebildet hat. Dort arbeiten Vertreter des Ausländer- und Integrationsbeirates (AIB), des Sozialamtes, der Polizei, des Ausländeramtes und vieler Gruppen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, zusammen.

Das Ausländeramt hat nun allerdings seine Zusammenarbeit aufgekündigt. Kerstin Wagner, Abteilungsleiterin in der Abteilung Ausländerangelegenheiten und Einbürgerungen, sagte „eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist nicht mehr möglich und erwünscht“. Sie reagierte damit auf eine Pressekonferenz, die bayernweit für Aufsehen gesorgt hatte, und in der ein Mitarbeiter der Erlanger Ausländerbehörde heftig attackiert worden war — auch von Mitgliedern des Runden Tisches Flüchtlinge. Wagner betonte, es habe weder ein rechtswidriges Verhalten gegeben, noch sei rechtswidriges Verhalten von irgendjemandem gedeckt worden.

José Luis Ortega, der Vorsitzende des AIB, betonte dahingegen, es sei der Eifer kritisiert worden, mit dem die Abschiebung verfolgt worden sei, im Vergleich zu dem Eifer, der an den Tag gelegt werde, um Flüchtlingen den Aufenthalt in Erlangen zu ermöglichen. Der Mitarbeiter, der in der Kritik steht, war zum Beispiel bei der Abschiebung persönlich zugegen. „Ich hätte mehr Menschlichkeit erwartet“, sagte Ortega. Das Bild der Stadt Erlangen, die sich nach außen so integrationsfreundlich gebe, sei beschädigt worden.

Die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter der Ausländerbehörde werden in der nächsten Woche auch die Stadträte beschäftigen. Die SPD-Fraktion hat zusammen mit der Fraktion der Grünen Liste um einen Bericht der zuständigen Referentin im öffentlichen Teil der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gebeten.

Die Stadt Erlangen, die an einem Leitbild „Integration“ arbeitet, hat in — fast jedem — städtischen Amt einen Ansprechpartner für das Thema „Integration“, einen „Integrationsverantwortlichen“. Die Ausländerbehörde hat dafür den Mitarbeiter benannt, der jetzt so in der Kritik steht. Das hat der Erlanger Pressesprecher Peter Gertenbach gegenüber den EN bestätigt.

Ralf H. Kohlschreiber

Quelle: Erlanger Nachrichten

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