Abendzeitung, 03.09.2012

Jugendliche, die wollen, aber nicht dürfen

AUGSBURG Wenn Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, liegt das nicht unbedingt daran, dass der Chef keine geeigneten Kandidaten gehabt hätte. In zahlreichen Fällen in Bayern scheiterte die Anstellung zuletzt an den Ausländerbehörden: Sind die Bewerber junge Flüchtlinge, erhalten sie häufig keine Ausbildungserlaubnis – ganz gleich, wie sehr sich der gewillte Arbeitgeber dafür einsetzt. Sechs solche Fälle beschäftigen derzeit das Augsburger Integrationsprojekt „Tür an Tür“, das das westbayerische Netzwerk für Beratung und Arbeitsplatzvermittlung für Flüchtlinge koordiniert. Alle jungen Männer – fünf davon Asylbewerber, einer Geduldeter – fanden einen Ausbildungsplatz,bekamen aber keine Erlaubnis von der Ausländerbehörde Augsburg.

Zum Beispiel der 26-jährige Victor aus Uganda. Er absolvierte ein Jahrespraktikum in einer Altenpflegeeinrichtung, ließ sich seine Zeugnisse aus Uganda vom Kultusministerium anerkennen und sollte ab September eine dreijährige
Altenpfleger-Ausbildung beginnen. Ein Glücksfall für seinen Chef, der mehrmals gegenüber den Behörden darauf verwies, wie schwer es in seiner Branche sei, Auszubildende zu finden. Bloß: Die Ausländerbehörde stellte Victor keine Beschäftigungserlaubnis aus. Die Begründung: Ein Jugendlicher in Ausbildung könne schwerer abgeschoben werden.

Überhaupt haben es Asylbewerber schwer, in Arbeit zu kommen. Bis zwölf Monate nach ihrer Ankunft gilt ein Arbeitsverbot, dann dürfen sie gemäß dem Nachrangigkeitsprinzip arbeiten: Wenn sich für die freie Stelle kein Deutscher oder EU-Bürger findet. Der Frust bei den verhinderten Lehrlingen und den Betreuern ist groß: „Sie lernen aus eigener Kraft Deutsch, machen Praktika, erwerben einen Schulabschluss oder es gelingt ihnen, dass ihre Zeugnisse anerkannt werden“, sagt Sabine Reiter von „Tür an Tür“. „Doch dann kommt die ausländerrechtliche Hürde zum Tragen und alle Pläne sind dahin.“ Der Bayerische Flüchtlingsrat setzt sich dafür ein, Ausbildungsverbote für Flüchtlinge abzuschaffen. Ansonsten werden „ aus motivierten Jugendlichen zerbrochene Menschen, die das Gefühl haben, dass alle Anstrengungen sich nicht lohnen“, argumentiert Tobias Klaus vom Flüchtlingsrat.

Quelle: Abendzeitung München

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