Münchner Merkur, 11.01.2012

Jugendamt verstärkt, Hungerstreik geht weiter

 

Der Hilferuf des Jugendamts ist erhört worden: Der Stadtrat beschloss gestern einstimmig, sechs neue befristete Volizeitstellen einzurichten. Außerdem wird es eine neue unbefristete Planstelle für die Wirtschaftliche Jugendhilfe in den Sozialbürgerhäusern geben. Damit reagiert das Plenum auf die Warnung des Amts, es könne die steigende Zahl an „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" (UMF) nicht mehr bewältigen.

Wie berichtet, hatte sich die Zahl der UMF binnen zwei Jahren nahezu verdoppelt. Das Jugendamt klagte, selbst Kernaufgaben kaum noch erfüllen zu können. Die zusätzlichen Stellen sollen helfen, die prekäre Lage zu entspannen.

Währenddessen, weitet sich der Hungerstreik in der Aufnahmestelle an. der Bayern-Kaserne welter aus. Nach Angaben der Stadt verwei¬gern inzwischen 42 minderjährige Afghanen die Essensaufnahme, „Viele Leute in der Bayern-Kaserne bekommen psychische Probleme", heißt es in einer Mitteilung der Streikenden. „Sie bekommen dann nur eine Tablette, aber die unerträgliche Situation wird nicht geändert. Deswegen sind wir in den Hungerstreik getreten."

Eine kindgerechte Behandlung der Flüchtlinge sei in keinster Weise gewährleistet, berichtet der Bayerische Flüchtlingsrat. Die Jugendlichen lebten unter "unerträglichen hygienischen Bedingungen, bekommen Essenspakete mit teilweise abgelaufenem Essen und müssen sich zu viert ein Zimmer teilen."

Den Vorwurf von abgelaufenen Lebensmitteln weist die Regierang von Oberbayern jedoch scharf zurück: „Bereits Im Oktober 2010 hatte der Flüchtlingsrat bei Mandarinendosen in den Essenspaketen behauptet, die Regierung von Oberbayern würde abgelaufene Ware an die Asylbewerber verteilen", so Sprecher Heinrich Schuster. Dabei hatte der Flüchtlingsrat schlicht das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem Herstellungsdatum verwechselt." Die individuell in Paketen zusammengestellten Lebensmittel würden vor jeder Ausgabe in Stichproben überprüft.

Während der Streik in der Kaserne andauert, fordert die Leiterin des Jugendamts, Maria Kurz-Adam, einen Verteilungsschlüssel für UMF einzuführen, damit die Jugendlichen auch in anderen bayerischen Städten untergebracht werden können. Die Kapazitäten in München reichten nicht mehr aus. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat bereits ein Konzept zur Verteilung auf den Weg gebracht. Jedem Regierangsbezirk wird dabei eine Gruppe Jugendlicher zur Unterbringung zugeteilt. Die jeweiligen Kommunen wurden gebeten, die strukturell zur Aufnahme zu schaffen. Sobald die Städte soweit sind, soll die Verlegung beginnen.

Von Thomas Schmidt

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