Mittelbayerische Zeitung, 12.07.2012

Iraner machen sich zum Dauerprotest bereit


Nach den Protesten von Flüchtlingen in Würzburg schlagen iranische Asylbewerber ein Camp in der Regensburger Innenstadt auf. Zwei Wochen lang wollen sie den Neupfarrplatz in Beschlag nehmen und für mehr Solidarität werben.

Iranische Asylbewerber haben am Mittwochabend mitten in der Regensburger Altstadt zwei Pavillons aufgebaut. „Wir wollen solange bleiben, bis unsere Forderungen erfüllt sind“, sagte Mohammad Hassanzadeh Kalali. Der 33-jährige Metallarbeiter aus dem Iran gehört zu den Würzburger Hungerstreikern, die sich den Mund zugenäht hatten, um gegen Essenspakete, Lager- und Residenzpflicht zu protestieren. Auslöser für die Protestwelle, die mittlerweile ganz Bayern erfasst hat, war der Selbstmord eines iranischen Asylbewerbers.

Polizeidirektor Wolfgang Mache bestätigte gegenüber der MZ, dass die Aktion erstmal bis zum 25. Juli angemeldet ist. „Es handelt sich hier um einen Akt der kollektiven Meinungsäußerung über einen längeren Zeitraum.“ Dies sei ausdrücklich kein Protestcamp und kein Rebellendorf. Hier dürfe weder gekocht noch übernachtet werden.

Vor Ort solidarisierte sich auch die Landshuter Politikerin Kornelia Möller, die für die Linke im Berliner Reichstag sitzt. „Mir geht es darum, dass ein Mensch, der bei uns um Asyl nachsucht, auch wie ein Mensch behandelt wird, also selbstbestimmt leben darf.“ Möller reiht sich ein in einen Unterstützerkreis aus Mitgliedern der Verdi-Jugend, von Anita F., BI Asyl, SJD, die Falken und der Wohngemeinschaft „Danziger Freiheit“. Die Regensburger Unterstützer hielten englischsprachige Spruchbänder in die Luft mit Aussagen wie „no nation, no border! Bleiberecht jetzt!“. Die Iraner forderten zudem „Nieder mit der islamischen Republik“ und präsentierten Fotos der Gewalt und Repression aus ihrer Heimat.

Gegenüber der MZ bekannte Mohammad Hassanzadeh Kalali, dass er seinen Hungerstreik erst vor fünf Tagen beendet habe. Er sei mittlerweile 117 Tage auf der Straße, davon 58 Tage im Hungerstreik. Zwei Tage habe er kein Wasser zu sich genommen. 33 Tage habe er mit zugenähtem Mund zugebracht. In erster Linie kämpft der 33-Jährige gegen die Isolation in der Gesellschaft. Er verstehe es nicht, dass ein Europa, das keine Grenzen kenne, mit der Residenzpflicht gegenüber Asylbewerbern so enge Grenzen hochziehe.

Helmut Wanner

Quelle: Mittelbayerische Zeitung

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