Die Welt, 21.03.2013
Im Landtag eskaliert der Streit um Haderthauer
Die bayerische Sozialministerin Haderthauer steht wegen eines Besuchs bei Asylanten und der folgenden Facebook-Debatte in die Kritik. Die Opposition wirft ihr "Eiseskälte" und "Karrierismus" vor
Der Vorwurf der sozialen Kälte gegen Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat im Landtag einen polemischen Streit von CSU und Opposition ausgelöst. "Liebe Frau Haderthauer, Sie sind eine eiskalte Sozialministerin, wenn es um Flüchtlingspolitik in Bayern geht", hielt der SPD-Sozialpolitiker Hans-Ulrich Pfaffmann ihr vor.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm warf Pfaffmann daraufhin vor, die Grenzen des Anstands überschritten zu haben: "Das, was Sie hier tun, geht mir schon in eine persönliche Vernichtung hinein." Sie hielt der Opposition Selbstgerechtigkeit vor: "Ich verwahre mich dagegen, dass Sie in Anspruch nehmen, die besseren Menschen zu sein."
Als die Opposition mit einem Chor von Zwischenrufen störte, schrie der frühere Justizminister Manfred Weiß (CSU) dazwischen: "Halt die Klappe!" Dagegen verwahrte sich die Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper.
"Sie verkriecht sich im Auto"
Anlass des Krachs waren die turbulenten Szenen bei einem Besuch Haderthauers in einer Würzburger Unterkunft für Asylbewerber am Freitag. Die Bewohner wollten Haderthauer am Verlassen der Unterkunft hindern – weil sie ein Gespräch mit der Ministerin forderten, das nicht zustande kam.
"Sie verkriecht sich im Auto und verweigert sich dem Gespräch", warf die Grünen-Abgeordnete Renate Ackermann der Ministerin vor. "Sie sind eine Karrieristin, die zufällig Sozialministerin wurde."
Bei dem Besuch in der Unterkunft hatten sich die Grünen ihrerseits den Zorn der Ministerin und der Behördenvertreter zugezogen: Ackermanns Fraktionskollegin Simone Tolle trug ein Plakat mit der Aufschrift "Lager töten". "Eine Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas" sei das, kritisierte der CSU-Landtagsabgeordnete Johannes Hintersberger.
Haderthauer selbst sagte, sie habe den Besuch in der Unterkunft als "sehr konstruktiv" empfunden. Ein Gespräch mit den Bewohnern sei nicht zustande gekommen, weil sie die Situation vor der Tür als "aufgeheizt emotional" empfunden habe. Es habe keine Basis für ein Gespräch gegeben.
"Draußen in der Dämmerung steht einem eine unbekannte Gruppe von Männern gegenüber, die nicht dadurch vertrauenerweckender wurde, weil sie von Ihnen, Frau Tolle, angeführt wurde." Tolle verwahrte sich gegen den Vorwurf der Nötigung.
"Ich lasse mich nicht nötigen"
Einige der Männer seien gar keine Bewohner der Unterkunft gewesen, sondern Aktivisten von außerhalb, sagte Haderthauer. "Ich lasse mich nicht nötigen." Das habe nichts mit der Frage Empathie oder Kälte zu tun.
"Bei mir bedeutet Empathie nicht, dass ich mich hinsetze und Händchen halte, sondern dass ich mir die Anliegen zu eigen mache", erklärte die Sozialministerin. "Ich bin mir bewusst, dass ich oft anstrengend bin."
Sozialpolitik müsse sich aber an den Erfolgen messen lasse, und daran lasse sie sich messen. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause hielt Haderthauer anschließend vor, sie habe die Chance für eine Entschuldigung verpasst.
Haderthauer hatte nach den Zwischenfällen Presseberichte auf ihrer Facebook-Seite mit dem Vorwurf kommentiert, die Zeitungen würden ohne Recherche Behauptungen aufstellen und ein Foto sei gestellt worden – was sie später abschwächte.
Daraufhin war Haderthauer erneut in die Kritik geraten, weil auf ihrer Seite ein Vielzahl an rechtslastigen Äußerungen gepostet wurde, gegen die Haderthauer nichts unternahm. Am Dienstag lenkte ihr Team dann ein: Auf der offiziellen Seite schrieb es, man behalte sich "in Extremfällen" die Löschung der Beiträge vor.
Quelle: Die Welt