Welt Kompakt, 25.06.2013
Hungerstreik in der Altstadt
Am Rindermarkt kämpfen 50 Flüchtlinge für bessere Lebensbedingungen
Seit drei Tagen sind etwa 50 Flüchtlinge aus ganz Deutschland in München im Hungerstreik – und mit ihrem Camp am Rindermarkt, im Herzen der Altstadt, sorgen sie für einiges Aufsehen. Gegen den Regen haben sie Planen und Transparente um das Lager aus Schlafsäcken und Isomatten gespannt. Manche Passanten haben nur böse Kommentare übrig und gehen schnell weiter, andere Mitleid ( "Da sind ja auch Kinder dabei"), einige suchen die Diskussion mit den meist dunkelhäutigen Männern aus verschiedenen Ländern wie Syrien, Iran und Afghanistan, die seit Samstag kein Essen zu sich nehmen, nur Wasser. Warum? Der Hungerstreik sei die einzige Möglichkeit, der deutschen Regierung deutlich zu machen, "dass wir Menschen sind, die eine menschenwürdige Behandlung verdienen", sagt etwa der 44-jährige Osborne Oitomen aus Nigeria, der seit eineinhalb Jahren darauf wartet, dass seinem Asylantrag stattgegeben wird.
Dies ist nur eine der Forderungen: Mit ihrem Hungerstreik wollen die Flüchtlinge ihre Asylanträge durchsetzen. Dafür "setzen wir der deutschen Regierung eine Frist von drei Tagen, um diese Forderung zu erfüllen", heißt es in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel und Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Daneben geht es ihnen auch um die Abschaffung der Residenzpflicht und der Essenspakete.
Stadt und Polizei tolerieren bislang das Hungerstreik-Camp, das am Wochenende spontan nach einer Demonstration zustande gekommen war. "Wir schauen, wie sich das weiter entwickelt", so am Montag die Polizei. Bis zum Nachmittag habe es "keine Reaktion von politischer Seite" gegeben, teilten die Streikenden mit. Bayerische Ausländerbehörden fühlen sich für die Forderungen nicht zuständig und verweisen, was etwa die lange Verfahrensdauer der Anträge angeht, an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. "Wir haben da keine Karten im Spiel", so ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums.
Unterdessen wollen die Flüchtlinge den Streik offenbar ausweiten: "Wir sehen uns gezwungen, den Protest auf eine neue Stufe zu tragen". Konkrete Pläne wollen sie am Dienstag bekannt geben.
Bettina Ullrich
Quelle: Welt Kompakt