Süddeutsche Zeitung, 30.03.2011
Heimat in Aufruhr
Bahram Mho sollte am Donnerstag nach Syrien abgeschoben werden - ein Gericht hat die Behörden vorerst gestoppt
Donnerstag, 31. März, 7.10 Uhr. Wäre alles nach Plan gelaufen, würde in dieser Minute ein Flugzeug im Erdinger Moos abheben, das Bahram Mho in seine Heimat bringt, nach Syrien. Hätte nicht, in fast letzter Minute, ein Gericht 'Stopp' gerufen und die Abschiebung verhindert.
Der 37-jährige Syrer, der vor zwölf Jahren geflohen war, will nicht in seine Heimat. Ausgerechnet jetzt soll er, wenn es nach den Behörden geht, abgeschoben werden. In ein Land, das im Aufruhr ist, in dem die Mächtigen wie in anderen arabischen Staaten unter Druck sind, in dem bei Demonstrationen unzählige Menschen getötet wurden. Ein zurückgeschickter Flüchtling laufe Gefahr, sofort inhaftiert zu werden. So sehen es zumindest Mohs Unterstützer im Bayerischen Flüchtlingsrat. Sie kritisieren die deutsche Behördenpraxis als 'untragbar' und fordern einen sofortigen Abschiebestopp nach Syrien. Derzeit sitzt Bahram Mho, der zur Minderheit der Kurden und Jeziden gehört, in Stadelheim in Abschiebehaft. Seit 1999 war Bahram Moh in Deutschland geduldet worden. Eine Abschiebung nach Syrien ist überhaupt erst seit 2009 möglich, als ein Rückübernahmeabkommen geschlossen wurde. Mohs Familie befindet sich laut Flüchtlingsrat weiter in Deutschland. Seine Frau und die drei Kinder seien untergetaucht - aus Angst vor der Abschiebung.
Fragt man bei Behörden nach, warum gerade jetzt in dieses Land abgeschoben werden soll, ist die Reaktion eine altbekannte in Flüchtlingsfragen: Der eine verweist auf den anderen. Formal zuständig für die Abschiebung ist die Ausländerbehörde der Stadt Landshut. Dort beteuert man, nur exekutieren zu müssen, was andere Behörden entschieden haben. Zum Beispiel das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Mohs jüngsten Asylfolgeantrag Mitte März abgelehnt hatte. Auch über sogenannte zielstaatsbezogene Abschiebehindernisse, etwa gefährliche Unruhen, befindet das Bundesamt - und verneint sie. Das Bayerische Innenministerium wiederum beteuert, mit Abschiebungen nichts zu tun zu haben - mit einer Ausnahme: bei einem Petitionsantrag. In diesem Fall sei es übliche Praxis, nicht abzuschieben, solange der Antrag im Landtag in der Schwebe sei. An diesem Mittwoch schon ist er Thema im Petitionsausschuss. Möglich ist danach die Überweisung an die Härtefallkommission mit weiter aufschiebender Wirkung.
Zumindest vorläufig kann Bahram Mho nun aber aufatmen - das Flugzeug nach Syrien am Donnerstag wird wohl ohne ihn starten. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat nach Auskunft des Flüchtlingsrats am Dienstag die Abschiebung überraschend gestoppt. Eine offizielle Bestätigung war dafür noch nicht zu erhalten, auch über die Gründe wurde zunächst nichts bekannt.
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