Süddeutsche Zeitung, 28.07.2009
Haderthauer und die CSU: Umstellt von Freunden
Sozialministerin Haderthauer erntet für ihre Kritik an der bayerischen Asylpolitik harsche Schelte von der eigenen Partei
Die öffentliche Kritik von Sozialministerin Christine Haderthauer an ihrem Kabinettskollegen Joachim Herrmann wegen der bayerischen Asylpolitik stößt in der CSU auf große Verärgerung. Ministerpräsident Horst Seehofer erklärte am Montag, er habe seine Minister angewiesen, das Problem schnellstens zu bereinigen. "Das Thema soll morgen beendet werden", sagte Seehofer.
Im CSU-Vorstand hatte der Parteichef die Kritik Haderthauers an Herrmann als "unerfreulich" gerügt, berichteten Teilnehmer der Sitzung. Auch andere Vorständler schlossen sich Seehofer an. "Es gab richtig Ärger", hieß es. Haderthauer habe die Sitzung früh verlassen.
Haderthauer hatte dem Innenminister in der Süddeutschen Zeitung vorgeworfen, er blockiere ihre Kabinettsvorlage zur Änderung der sogenannten Asyldurchführungsverordnung und reagiere zudem noch nicht einmal auf ihre Gesprächsangebote. Haderthauer will erreichen, dass Flüchtlinge nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften wohnen müssen, sondern in Privatwohnungen ziehen können.
Die Strategie ist klar
Seehofer selbst hält die CSU-Linie in der Asylpolitik für klar: "Wir waren immer dafür, dass Asylbewerber menschenwürdig behandelt werden", sagte er. Andererseits sei man aber auch immer dafür gewesen, dass die Rahmenbedingungen "keine Anreize" schaffen sollten, um weitere Asylbewerber ins Land zu locken.
Der angegriffene Innenminister Herrmann wies die Kritik seiner Kabinettskollegin, er wolle nicht mit ihr reden, entschieden zurück: "Diese Darstellung ist grundweg falsch", sagte er. Bereits Ende Mai habe er Haderthauer schriftlich Vorschläge unterbreitet, wie die Meinungsverschiedenheiten aus seiner Sicht bereinigt werden können. "Seit diesem Brief habe ich von Frau Haderthauer nichts mehr gehört - es kam von ihrer Seite weder ein Gesprächsangebot noch ein Antwortschreiben", sagte Herrmann. "Ich kann diese Art der Auseinandersetzung nicht verstehen."
Es ist im Grunde ein kleiner Nebensatz in der Asyldurchführungsverordnung, der die beiden Minister entzweit. Haderthauer hält die Formulierung, dass die Unterbringung der Betroffenen "deren Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern" soll, schlicht für "unakzeptabel". Sie will, dass diese Passage ersatzlos gestrichen wird und betonte in der SZ, dass sie sich als die für die Asylunterkünfte zuständige Ministerin nicht an diesen Satz gebunden fühle. Herrmann wiederum betonte: "Ich sehe überhaupt keinen Anlass, warum wir diese Verordnung ändern sollten."
Haderthauer gegen alle
Im CSU-Vorstand findet er Rückhalt: Haderthauer stehe "völlig konträr zur Parteilinie", hieß es. CSU-Fraktionschef Georg Schmid erklärte: "Es war schon immer Haltung der CSU, kein Anreizsystem für Asylbewerber zu schaffen." Vernünftig ausgestattete Asylsammelunterkünfte seien hierzu kein Widerspruch. Dass der umstrittene Halbsatz in der Asylverordnung unterschwellig eine schlechte oder gar menschenunwürdige Unterbringung und Verpflegung nahelege, wertet er als "eine böswillige Interpretation".
"Das ist überhaupt nicht so gemeint", sagte er. Er müsse sich schon darüber wundern, dass mindestens 900 Personen in solchen Sammelunterkünften leben, die eigentlich das Anrecht auf Unterbringung in einer Privatwohnung hätten. "Es ist nicht Aufgabe des Innenministeriums, diesen Menschen eine Unterkunft zu besorgen", sagte er, aber er habe auch keine solchen Aktivitäten durch das Sozialministerium feststellen können.
Haderthauer setzt in der Auseinandersetzung auf die Unterstützung der CSU-Fraktion. Doch die gab sich am Montag äußerst reserviert. Der sozialpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion Joachim Unterländer betonte: "Wir haben im internen Kreis der Sozialpolitiker zwar unsere Vorstellungen, aber es kann nicht ohne ein Einvernehmen mit dem Innenminister gehen." Ein solches Einvernehmen sei aber herstellbar, denn bislang sei die Diskussion über dieses Thema nicht in dieser Schärfe ausgetragen worden. Da habe es bislang "keine unüberbrückbaren Gegensätze" gegeben. Außerdem, so betonte Unterländer, "müssen dann ja auch noch Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner, der FDP, stattfinden". Die hat sich in der Asylfrage bereits klar positioniert.
In der CSU wird vor allem die Art kritisiert, wie Haderthauer vorgeht. In einem Interview einen Kabinettskollegen und Parteifreund so zu attackieren, sei "inakzeptabel", hieß es in der Parteiführung. Haderthauer habe "keine Narrenfreiheit". Zumal sie nicht zum ersten Mal mit unangebrachten Äußerungen aufgefallen sei. "Jedes Mal, wenn es etwas ruhiger geworden ist, haut sie den nächsten Hammer raus", klagte eine CSU-Vorstandsfrau.
Von K. Auer, K. Stroh und D. Mittler