Süddeutsche Zeitung, 26.06.2013
Haderthauer fordert Abbruch des Hungerstreiks
Flüchtlinge demonstrieren in München
Sozialministerin Christine Haderthauer hat gut 50 hungerstreikende Asylbewerber zum Abbruch der Protestaktion in München aufgefordert. "Hierzulande ist Politik nicht erpressbar, wir leben in einem Rechtsstaat, wo man sich nicht durch Hungerstreiks eine Vorzugsbehandlung erzwingen kann", erklärte die CSU-Politikerin am Mittwoch.
Gleichzeitig forderte sie den Bundesinnenminister und CSU-Parteifreund Hans-Peter Friedrich auf, für eine Beschleunigung der Asylverfahren zu sorgen. 140 vorgesehene neue Stellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge müssten "unverzüglich" besetzt werden. "Diese Stellen bringen wenig, wenn sie nicht sofort mit Personal ausgestattet werden."
Die freiwillig hungernden Asylbewerber wiesen die Darstellung der CSU-Politikerin zurück, eine Schwangere sei an dem Streik beteiligt. "Dass eine schwangere Frau in den Hungerstreik geht und damit ihr Ungeborenes gefährdet, muss sofort beendet werden, hier sollten sich alle einig sein", forderte Haderthauer. "Es ist keine schwangere Frau an dem Hungerstreik beteiligt", erklärte anschließend einer der Unterstützer.
Am Nachmittag tagte auf Anordnung Haderthauers ein Runder Tisch des oberbayerischen Regierungspräsidenten Christoph Hillenbrand, der Polizei und anderer Behörden mit den Asylbewerbern. Anschließend war eine Pressekonferenz geplant. Der Hungerstreik ist mittlerweile Wahlkampfthema.
Während SPD und Grüne die Asylpolitik der Staatsregierung scharf kritisieren, wirft Haderthauer der Opposition "gezielte Desinformation" vor. Sie verwies darauf, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig für Asylanträge ist - und nicht die Staatsregierung. Alle demokratischen Parteien sollten sich einig sein, dass "Erpressung und auch ein Hungerstreik nicht noch von gewählten Volksvertretern unterstützt werden darf", verlangte Haderthauer. Die FDP-Sozialpolitikerin Brigitte Meyer forderte anschließend "alle Beteiligten" zur Sachlichkeit auf.
Der Hungerstreik hatte am Samstag nach einer genehmigten Demonstration durch die Münchner Innenstadt begonnen. Ein Teil der Demonstranten ließ sich nach deren Ende auf dem Münchner Rindermarkt in der Nähe des Marienplatzes nieder und lebt dort seither in provisorischen Zelten unter primitiven Bedingungen. Sie werden von Helfern aus der linken Szene unterstützt. Am Dienstag haben die Flüchtlinge neben dem Essen auch das Trinken eingestellt um den Druck zu erhöhen.
Zuvor hatte sich die Situation bei der Unterbringung von Asylsuchenden in München zugespitzt, täglich kommen 25 bis 60 neue Asylbewerber an. Die Regierung von Oberbayern nutzt nun auch Plätze in der Bayernkaserne, wo die Stadt im Winter Obdachlose einquartiert hatte. Mit mehr als 1100 Asylbewerbern ist die ehemalige Kaserne bis zur Kapazitätsgrenze belegt - wie auch die anderen zehn Gemeinschaftsunterkünfte in der Landeshauptstadt.
Quelle: Süddeutsche Zeitung