Mainpost, 20.03.2013
GU-Besuch und Medienschelte werden Thema im Landtag
Flüchtlingsrat und Grüne drängen zu schneller Entscheidung über Sprachkurse – SPD fordert Entschuldigung von Haderthauer
Sie werde sich für Deutschkurse für alle Asylbewerber in Bayern stark machen, hat Sozialministerin Christine Haderthauer bei ihrem Besuch der Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Würzburg versprochen. Nun fürchten die Grünen und der Bayerische Flüchtlingsrat, dass diese Zusage vor lauter Kritik an Haderthauers „Flucht vor Flüchtlingen“ und der „absurden Medienschelte“ untergeht.
Deshalb kündigen die Grünen für diesen Mittwoch einen Dringlichkeitsantrag im Landtag an. „Alle Asylbewerber müssen unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland einen Deutschkurs angeboten bekommen“, sagt die asylpolitische Sprecherin Renate Ackermann. Bislang haben nur anerkannte und geduldete Flüchtlinge Anspruch auf diese Kurse. Sprachkenntnisse nützten den Flüchtlingen aber auch, wenn sie in ihre Heimat zurückmüssen, hatte Landtagspräsidentin Barbara Stamm beim Haderthauer-Besuch unterstrichen.
Der Flüchtlingsrat fordert, Mittel für Deutschunterricht auch im Landeshaushalt bereitzustellen. Die Verantwortung dürfe nicht auf den Bund abgeschoben werden. Ansonsten bleibe Haderthauers Ankündigung ein „bloßes Lippenbekenntnis“. Die Ministerin stehe zu ihrer Zusage und hoffe nun auf Unterstützung des Landtags als Gesetzgeber, sagte ihre Sprecherin Carolin Schumacher auf Nachfrage.
In einem weiteren Dringlichkeitsantrag zur Landtagssitzung an diesem Mittwoch fordert die SPD eine Erklärung der Ministerin zum Geschehen rund um den GU-Besuch und eine Entschuldigung für ihre pauschalen Vorwürfe gegen die Medien.
Unterdessen werden mehr Details des nichtöffentlichen Treffens von Bischof Friedhelm Hofmann, der Ministerin und den ehrenamtlichen Hilfsorganisationen laut. Pfarrer Burkhard Hose, selbst aktiv in der Flüchtlingshilfe, schreibt im Internet: „Haderthauer zeigte uns die kalte Schulter.“ Beim Gespräch sei die „Eiseskälte der real existierenden CSU-Asylpolitik“ deutlich geworden.
„Haderthauer zeigte uns die kalte Schulter.“
Burkhard Hose, Hochschulseelsorger
Konkrete Änderungsvorschläge und kritische Fragen der Gesprächsteilnehmer habe Haderthauer „abgebügelt, aggressiv unterbrochen“ und „teilweise mit kalter Häme“ beantwortet. Das Zugeständnis, dass Deutschkenntnisse für alle Asylsuchenden wünschenswert seien, habe erst die „sichtlich bemühte Landtagspräsidentin“ der Ministerin abgerungen. „Ein mageres Ergebnis“, so Hochschulpfarrer Hose.
Barbara Stamm hat das Treffen anders in Erinnerung. „Es war ein gutes Gespräch, sehr zielführend. Wir sind ein Stück vorangekommen.“ Man müsse nun zuallererst dafür sorgen, dass den derzeit 107 der knapp 450 GU-Bewohnern, die einen Anspruch haben, aus der GU auszuziehen, auch geholfen wird, auf dem Wohnungsmarkt unterzukommen. Wichtig seien ihr zudem die Sprachkurse.
Haderthauers Umgang mit den Asylbewerbern in Würzburg will Stamm nicht kommentieren. Sie habe das Geschehen am Dienstwagen nur am Rande mitbekommen, weil sie selbst mit einer Asylbewerberin über deren Nöte diskutiert habe. CSU-MdL Oliver Jörg, der die GU schon vor der Auto-Blockade verlassen hatte, weist Haderthauers Hinweis, er sei für die Auswahl der Gesprächsteilnehmer beim GU-Besuch mitverantwortlich, zurück. „Das war allein Sache des Ministeriums.“ Er habe Haderthauer lediglich gebeten, Barbara Stamm einzuladen, weil diese sich CSU-intern massiv für Verbesserungen für Flüchtlinge einsetze.
Zu Gerüchten, wonach Haderthauer Bischof Hofmann anfangs gar nicht in der GU, sondern lieber im Amtsgebäude der Regierung von Unterfranken treffen wollte, sagte Ministeriumssprecherin Schumacher, zunächst habe Haderthauer „nur eine Besprechung“ geplant. Sie habe die GU schließlich schon von einem früheren Termin gekannt. Dem Wunsch des Bischofs, sich lieber direkt vor Ort in größerer Runde zusammenzusetzen sei die Ministerin aber gerne nachgekommen. Schumacher: „Es stimmt also nicht zu sagen, sie wollte da nicht hin.“
Michael Czygan
Quelle: Mainpost