Wochenblatt Landshut, 18.04.2012

Griechenland im Landratsamt?


Die Wulff-Debatte und die Frage, was ein Politiker darf und was nicht, ist noch nicht lange her. Zugegeben, Landrat Josef Eppeneder ist nicht gerade der Bundespräsident. Aber er ist ein gewählter Volksvertreter.

 
Damit hat er eine gewisse Machtposition inne, die er nicht für persönliche Interessen missbrauchen darf. Deshalb muss er es sich auch gefallen lassen, dass er ganz besonders unter Beobachtung steht. Konkret geht es um die Investition seiner Tochter in ein altes Wirtshaus in Wörth.
 
Dass sie die Immobilie gekauft hat, wie dem Wochenblatt  gleich von mehreren Seiten bestätigt wurde, daran ist natürlich noch nichts Anrüchiges.?„Einen faden Beigeschmack“, wie es ein Landkreis-Politiker ausdrückte, bekommt die Sache allerdings dadurch, dass der Landkreis ausgerechnet dort um die 20 Asylbewerber unterbringt – und das alte Wirtshaus erst vor Wochen, kurz vorher also, den Besitzer gewechselt haben soll.
 
Man kann Eppeneder jetzt durchaus karitative Absichten unterstellen. Man könnte schreiben: Seht her, der Landrat und seine Familie kümmern sich höchstpersönlich um hilfsbedürftige Flüchtlinge. Man kann es aber auch durchaus so sehen, dass sich der Kauf der Immobilie durch die Unterbringung der Asylbewerber selbst finanziert. Dass die Investition in der nächsten Zeit sicher Geld abwirft. Für jeden Flüchtling gibt es schließlich Geld vom Staat. Und das nicht zu knapp. Da passt es dann auch, dass sich der Landrat positiv über eine dezentrale Unterbringung in den Gemeinden geäußert hat.
 
Ob Eppeneder auf die Unterbringung der Asylbewerber direkt Einfluss genommen hat oder nicht, ist eine Frage, die von anderen Behörden geklärt werden muss. Falls ja, würde die Angelegenheit noch einmal eine andere Dimension bekommen. Eigentlich ist es aber unerheblich.
 
Denn allein mit dem Wissen des Landrats um die Vorgänge in Sachen Asylbewerber im Landkreis hätte Eppeneders Tochter einen Vorteil, den andere wohl auch gerne gehabt hätten. „Insiderhandel“, nennen so etwas wohl die Börsianer. Anders ausgedrückt: Die ganze Sache hat nicht nur einen „faden Beigeschmack“, wie es ein Landkreis-Politiker vorsichtig ausgedrückt hat. Sie stinkt zum Himmel, Herr Landrat. Und zwar gewaltig! Und noch etwas steigt mir empfindlich ins Riechorgan.
Bei den Recherchen hat sich gezeigt, dass die ganze Angelegenheit längst ein offenes Geheimnis ist, hinter vorgehaltener Hand bereits getuschelt wird. Dass es noch keinen empörten Aufschrei im Kreistag gegeben hat, finde ich sehr verwunderlich. Wo bleibt die Kontrollfunktion des Gremiums?
 
Da soll sich noch einmal jemand über die Zustände in Griechenland beschweren, die das Land in den Ruin getrieben haben.

Herr Eppeneder, Ihren Ruf als integerer Politiker haben Sie selbst aufs Spiel gesetzt. Darin unterscheiden Sie sich nicht großartig vom ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Ob Sie daraus die gleichen Konsequenzen ziehen, das ist Ihre Entscheidung – jedenfalls so lange Sie es noch selbst in der Hand haben.

Alexander Schmid

Quelle: Wochenblatt Landshut

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