Süddeutsche Zeitung (Dachau), 02.01.2010

Generelle Änderungen im Asylrecht gefordert

SPD und Grüne halten CSU-Forderung nach Auflösung des Dachauer Flüchtlingslagers für unzureichend

Grünen-Stadträtin Luise Krispenz und Juso-Chef Sören Schneider haben auf Seidenaths Vorstoß reagiert. Fotos: Jørgensen

 

Kreisrätin Eleonore Haberstumpf: „Es geht nicht um Orte, sondern um Menschen“

Dachau Als zu kurzsichtig kritisieren Kommunalpolitiker von SPD und Grünen den Vorstoß von Dachauer CSU-Vertretern, das Asylbewerberlager in der Kufsteiner Straße aufzulösen. Eine Unterbringung von Flüchtlingen in Privatwohnungen,wie es der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath vorgeschlagen hat, sei richtig. Dies müsse aber bayernweit geschehen und von Integrationsmaßnahmen begleitet werden.

„Es geht hier nicht um Orte, sondern um Menschen“, sagt die Grünen-Kreisrätin Eleonore Haberstumpf. Asylbewerber litten in Neuburg genauso an den menschenunwürdigen Zuständen in
den Sammellagern wie hier. „Die Auflösung von Gemeinschaftsunterkünften nur auf Dachau zu beschränken, ist reine Augenwischerei“, sagt sie. Diese Forderung lege die Vermutung nahe, dass es nicht um die Flüchtlinge gehe, sondern eher um das Erscheinungsbild Dachaus in der Welt.

Ähnlich argumentieren Kreisrat Michael Spielmann und die Dachauer Stadträtin Luise Krispenz
(Grüne) in einer Presseerklärung. Die Unterbringung von Flüchtlingen in Privatunterkünften
sei der richtige Weg. „Dies allein bringt für die Bewohner aber nur nach außen hin eine Verbesserung ihrer Lage und macht es für Politiker wie Herrn Seidenath leichter, die
Probleme dieser Mitmenschen zu verdrängen“, schreiben sie. Wichtiger wäre eine grundsätzliche
Änderung des Asylrechts in Bayern. So dürften Asylbewerber derzeit nicht oder nur eingeschränkt
arbeiten und erhielten keine integrativen Maßnahme, solange nicht über ihren Asylantrag
entschieden sei. „Dass die CSU-Forderung nur für Dachau gilt und eine Umsetzung für ganz Bayern nicht erfolgen soll, lässt vermuten, dass es hier nicht wirklich um die Situation von Asylbewerbern geht, sondern andere Interessen im Vordergrund stehen“, schreiben sie.

Die Dachauer Jusos plädieren für ein umfassendes Asyl-Konzept. „Es wäre bitter, wenn allein die spezielle Situation in Dachau zur Auflösung der Unterkunft führen würde: Schließlich gibt es in ganz Bayern solche Behausungen. Was unterscheidet sie denn von Dachau?“, schreibt der Juso-Vorsitzende Sören Schneider. Seidenath hatte auf die historische Situation in der Stadt verwiesen. Es sei eine „ungute Situation“, dass es eine „Gemeinschaftsunterkunft in nicht allzu weiter Entfernung des ehemaligen Konzentrationslagers“ gebe.

Integrationsreferent Horst Ullmann (SPD) fordert ebenfalls mehr als die bloße Abschaffung des Barackenlagers in Dachau: „Es nützt nichts, nur große Überschriften zu setzen, man muss das Problem auch zu Ende denken.“ Alle Asylbewerber in Bayern müssten in Privatwohnungen
untergebracht werden und solange intensiv betreut werden, bis sie im Alltag alleine zurechtkämen. Zur Finanzierung verweist Ullmann auf die Studie des Bayerischen Flüchtlingsrates, wonach sich
der Freistaat Geld spart, wenn er die Sammellager schließt und Flüchtlinge in Wohnungen unterbringt: „Wenn das stimmt, steht sogar ein großer Betrag für die Nachsorge zur Verfügung.“

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