Erlanger Nachrichten, 08.12.2011
Geht die Stadt gegen den Ausländerbeirat vor?
Nach Kritik an Ausländerbehörde: OB schließt nach Prüfung der Vorwürfe der Regierung „Schritte“ nicht aus
Die Stadt Erlangen erwägt gegen Teilnehmer der Pressekonferenz vorzugehen, die schwere Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter ihrer Ausländerbehörde erhoben haben. Die Stadt schließt damit auch nicht mehr aus, selbst gegen den eigenen Ausländer- und Integrationsbeirat aktiv zu werden.
In der Pressekonferenz hatten mehrere Flüchtlingsorganisationen einen städtischen Mitarbeiter scharf angegriffen und ihn auch namentlich genannt: Er arbeite mit allen Tricks, um Flüchtlinge an der Wahrung ihrer Interessen zu hindern, hatte etwa Alexander Thal, der Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrates gesagt (die EN haben ausführlich berichtet).
Der Vorsitzende des Erlanger Ausländer- und Integrationsbeirats, José Luis Ortega, hatte erklärt, „die Vorgänge in der Ausländerbehörde unserer Stadt schon seit länger bekannt seien. Und dass „Interventionen“ nicht zu Veränderungen geführt hätten.
„Wir behalten uns weitere Schritte vor“, meinte Oberbürgermeister Siegfried Balleis im Gespräch mit den EN. Je nachdem, wie die Regierung von Mittelfranken die Entscheidungen des Mitarbeiter bewerte, werde die Stadt reagieren. Auf die Frage, ob das auch für den Ausländer- und Integrationsbeirat gelte, der immerhin ein beratendes Gremium des Stadtrates ist, meinte Balleis: „Wir machen das nacheinander.“ Nach der Antwort der Regierung von Mittelfranken werde überlegt, „was wir machen“. Nach ausführlicher nicht-öffentlicher und öffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am gestrigen Abend relativierte Balleis seine Aussage vom Nachmittag: Er werde vorerst keine strafrechtlichen Schritte gehen, behalte sich dies aber vor. Das Stadtoberhaupt sagte allerdings auch, dass er sich in einem Brief an Ortega mit der Aufforderung gewandt habe, der Vorsitzende des Ausländerbeirates solle sich „erklären“. Er wolle wissen, ob der Ausländerbeirat „dahinter stehe, dass ein Mitarbeiter der Stadt an den Pranger“ gestellt worden ist.
Die Kritik an dem Mitarbeiter in der Ausländerbehörde ist indes nicht neu. Vor dem Entschluss, in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit zu gehen, hatten in den vergangenen Monaten mehrere Vertreter von Flüchtlingsorganisationen wie auch Mitglieder des Ausländerbeirats gegenüber Verantwortlichen der Stadt die Praxis der Ausländerbehörde moniert und sich über das Verhalten des jetzt angegriffenen Mitarbeiters beschwert. „Auch direkte Gespräche“ habe es zu diesem Thema mit dem OB gegeben, sagt José Luis Ortega. Der Mitarbeiter in der Ausländerbehörde wehrt sich mit einer Anzeige gegen die Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft in Nürnberg hat den Eingang einer Anzeige bestätigt.
Ralf H. Kohlschreiber
Quelle: Erlanger Nachrichten