Süddeutsche Zeitung, 29.11.2005

Gefangen im bürokratischen Niemandsland

Der Behörden-Wirrwarr um den abgelehnten Asylbewerber Karim Zangana

Süddeutsche Zeitung: Burhan Karim Zangana ist eingesperrt. Am Münchner Flughafen lebt er seit Monaten hinter einem hohen Zaun in einer Asylunterkunft. Zangana ist im April nach eigenen Angaben aus dem Irak geflohen, sein Asylantrag aber wurde abgelehnt. Weil er keine Papiere hat, darf er nicht nach Deutschland einreisen - obwohl er sich seit April auf deutschem Boden befindet, mal in Stadelheim, mal am Airport. Er kann aber auch nicht ausreisen, weil er eben keinen Pass hat. Also sitzt er im Niemandsland fest, ohne dass dies ein Richter angeordnet hätte.

Das ist in Ordnung, sagen die Behörden, weil er nicht in Haft sitzt. Nur für Haft brauche man einen Richter. Soweit, so (un-)logisch.

Darf so ein eingesperrter freier Mann besucht werden? Bekanntlich ist zu echten Häftlingen der Zugang sehr eingeschränkt, zwei Stunden pro Monat dürfen sie in der Regel besucht werden. Bittet man die Behörden, einen freien Mann besuchen zu dürfen, verirren sich diese Behörden in ihrem eigenen Dschungel.

Die Bundespolizei, zuständig für die Bewachung, sagt: Man könne das nicht entscheiden, dafür ist Berlin zuständig.

Das Bundesinnenministerium sagt: Nein, dafür sind wir als Bund nicht zuständig. Das macht der Freistaat.

Das bayerische Innenministerium sagt: Man werde sich erkundigen, wer zuständig ist, wahrscheinlich die Regierung von Oberbayern.

Die Regierung bittet um eine schriftliche Anfrage zur Erlangung der Besuchserlaubnis. Die Antwort auf die Anfrage lautet: Das Bundesinnenministerium in Berlin wird sich wieder melden.

Berlin aber meldet sich nicht. Auf weitere Anfrage bei allen genannten Behörden hört man viel Stöhnen ob des komplizierten Falls - und bekommt zwei Antworten.

Die Regierung von Oberbayern teilt mit: Von uns aus könne man Herrn Zangana besuchen, kein Problem.

Das Bundesinnenministerium antwortet: Nein, die Presse darf Herrn Zangana nicht besuchen, da seine Identität nicht feststeht. Es sei schließlich nicht ausgeschlossen, dass es sich um einen Terroristen oder sonstigen Straftäter handle.

So wird also ein offiziell freier Mann, wohnhaft im bürokratischen Niemandsland, den Augen der Öffentlichkeit entzogen. In der kommenden Woche wird das Verwaltungsgericht entscheiden, ob das Festhalten des Flüchtlings, dem kein Gericht eine Straftat zur Last legt, in Ordnung ist. Immerhin, diese Verhandlung ist öffentlich.

Bernd Kastner

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