Süddeutsche Zeitung, 19.10.2012
Garagen für Asylbewerber
Überfülltes Flüchtlingslager in Zirndorf
Im völlig überfüllten Erstaufnahmelager für Asylbewerber in Zirndorf wird es noch voller: Am Wochenende müssten wohl bis zu 1000 Menschen untergebracht werden, teilte Gemeindepädagoge Erwin Bartsch mit. Die Leute müssten dann in Garagen schlafen, am Donnerstag seien schon drei ausgeräumt worden.
In der Einrichtung, die für etwa 550 Asylbewerber ausgelegt ist, ist es seit Wochen eng. Nach Angaben der Regierung von Mittelfranken leben zurzeit 957 Menschen in Zirndorf und der kleinen Außenstelle in Nürnberg. In der Cafeteria liegen Matratzen, ebenso in der Kapelle und im muslimischen Gebetsraum. Das Rote Kreuz stellte sechs beheizte Zelte auf, die voll belegt sind.
Sozialpolitiker von FDP, SPD, Grünen und Freien Wählern kritisieren die Zustände seit Langem, die Opposition fordert eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) will die Kapazitäten in Zirndorf und München erweitern. Sie war am Dienstag zu einem Kurzbesuch im Lager. Am selben Tag erklärte sie, dass die humane Unterbringung der Menschen in allen Einrichtungen gewährleistet sei. Bartsch schlug vor, die Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth zu nutzen, die nach dem Teilabzug der Bundeswehr fast leer stehe. "Es braucht jetzt Personal und vernünftige Unterkünfte", sagte Bartsch, "nicht erst zu Weihnachten."
Seit Wochen kommen besonders viele Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien. Menschen, denen es nach Ansicht von Innenminister Joachim Herrmann vor allem ums Geld geht. Er fordert schnellere Asylverfahren. Dafür sprachen sich am Donnerstag auch die Landräte aus. Bambergs Erzbischof Ludwig Schick kritisierte die Staatsregierung dagegen scharf. Worte wie "Asylmissbrauch" schürten Fremdenfeindlichkeit. Es habe immer wieder schnelle Anstiege von Flüchtlingszahlen gegeben, darauf müsse man vorbereitet sein. "Es ist unverständlich, dass der Staat nicht ein Programm in der Schublade parat hat, das jederzeit durchgeführt werden kann", sagte Schick.
Mehr Geld für die Beratungsstellen
Während die Unterbringung problematisch bleibt, sollen die Asylbewerber zumindest weiterhin beraten werden können. Im nächsten Jahr soll es mehr Geld für die Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände geben. Die FDP will im Landtag eine Erhöhung um 750.000 Euro auf fast 3,4 Millionen Euro beantragen. Die CSU signalisierte Zustimmung, die Opposition fordert das ohnehin längst.
Die Wohlfahrtsverbände in Bayern klagen, dass die Asylsozialberatung unterfinanziert sei. Es gibt sogar Unterkünfte in Bayern, wo die Menschen gar nicht betreut werden. 2004 waren die Mittel stark gekürzt worden. Weil die Zahl der Asylbewerber aber seit wenigen Jahren wieder ansteigt und die Beratung daher stark gefragt sei, hätten viele Verbände hohe Defizite, die sie selbst tragen müssten.
In diesem Jahr stockte der Landtag die Mittel für die Asylsozialberatung schon einmal auf, auf nun 2,6 Millionen Euro. Das reichte vielen nicht. Der Caritasverband Bayreuth hatte als erster Wohlfahrtsverband angekündigt, seine Asylberatungsstelle zum Ende des Jahres zu schließen. Der Vorstand kritisierte die Staatsregierung, weil es keine Planungssicherheit gebe. Zwar seien die Mittel aufgestockt worden, allerdings werde das Geld erst Ende des Jahres ausgezahlt, und noch dazu sei unklar, wie hoch die Förderung tatsächlich ausfalle.
Nun appellierte der Caritas-Landesverband an die Bayreuther, den Entschluss zu überdenken, und nahm gleichzeitig das Sozialministerium in Schutz. Es sei nicht richtig, dass Auszahlungen verzögert worden seien. Vielmehr habe der Landes-Caritasverband, der das Geld an die regionalen Stellen verteilt, keine Abschlagszahlungen angefordert, heißt es in einer Mitteilung. Außerdem hätten die Träger der Asylberatungsstellen wiederum keinen Vorschuss beim Landesverband beantragt.
Quelle: Süddeutsche Zeitung