Mainpost, 14.05.2009
Für ein menschenwürdiges Asylrecht
Schönheitsreparaturen in Unterkünften reichen nicht
In dieser Beziehung ist die muslimische Türkei ein schönes Vorbild für das christliche Bayern. Aber die bayerische Staatsregierung eifert dem nicht nach; sie macht Asylsuchenden das Leben sauer. Sie weist ihre Bezirksregierungen in einer „Durchführungsverordnung“ zum Asylrecht an, die Bereitschaft der Flüchtlinge „zur Rückkehr in das Heimatland zu fördern“. Als wäre die Flucht ein Urlaub, der irgendwann zu Ende gehen muss. Die Menschen, die hier ankommen, haben Entbehrungen und traumatische Erlebnisse hinter sich. Nicht von ungefähr stammt mehr als die Hälfte von ihnen aus dem Irak.
In Bayern erleben sie keine Gastfreundschaft, sondern dieses: Sie werden, einander fremd, für Jahre in Gemeinschaftsunterkünften auf engem Raum zusammengepfercht. Ihre Integration ist unerwünscht. Das Lagerleben, eine Zeit lang womöglich erträglich, auf die Dauer eine Qual, macht sie physisch und psychisch fertig. Die Missionsärztliche Klinik dokumentierte das ausführlich.
Selbst CSU-Mitglieder sprechen mittlerweile von menschenunwürdigen Zuständen. Und Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer reagiert: Sie wolle für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte „eine adäquate Wohnqualität gewährleisten“, sagt sie, es sei ihr wichtig, „auf die Bedürfnisse von Familien zu achten“. Und rüffelt unter anderem Unterfrankens Regierungspräsident Paul Beinhofer für die miserable Situation in der Gemeinschaftsunterkunft.
Was für eine Heuchelei! Die Ministerin prügelt ihre Beamten dafür, dass sie das bayerische Asylrecht so vollziehen, wie es die Staatsregierung will. Haderthauer fordert rasche Verbesserungen in den Unterkünften, als wäre damit etwas gewonnen. Die Lager würden vielleicht ansehnlicher, aber die Lage bliebe für die Flüchtlinge dieselbe.
Nötig sind keine Schönheitsreparaturen, sondern Grundsatzentscheidungen: Die Flüchtlinge brauchen klare Aussichten; ihr Aufenthaltsstatus darf nicht über Jahre hinweg unsicher bleiben. Wer eine Privatwohnung findet, soll sie beziehen dürfen. Wer Arbeit findet, soll arbeiten dürfen. Wer sich integrieren möchte, soll sich integrieren dürfen. Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen handeln so, nach dem Motto: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Sie zeigen, dass das geht, und sparen auch noch den kostenträchtigen Betrieb der Unterkünfte.
Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen zählt weltweit knapp 32 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und den Folgen des Klimawandels. Vor einem Jahr berichtete Tansanias Innenminister Lawrence Masha, sein Land, eines der ärmsten der Welt, beherberge rund 410 000 Flüchtlinge. Zum Vergleich: In Bayern wohnen nach Angaben des Sozialministeriums derzeit 7600. Eine menschenwürdige Behandlung dieser Flüchtlinge ist möglich. Man muss es nur wollen.
Wolfgang Jung