Abendzeitung, 12.06.2009

"Freiheit statt Zwang": Proteste für die Abschaffung von Sammelunterkünften

"Freiheit statt Zwang": Unter diesem Motto demonstrieren am Samstag zahlreiche Menschenrechtsgruppen für die "Abschaffung aller Lager" und die Rechte von Flüchtlingen

Flüchtlinge fordern die Abschaffung der zwangsweisen Unterbringung in Sammellagern. Foto: Michael Backmund

Seit Donnerstag protestieren Flüchtlingsorganisationen in München gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in Sammellagern. Das Netzwerk fordert, Flüchtlingen endlich das Recht zuzugestehen, in Wohnungen zu leben, statt sie zum oft jahrelangen Zwangs-Aufenthalt in Lagern zu zwingen. Höhepunkt der Aktionstage ist eine Demo am morgigen Samstag, die um 13 Uhr am Stachus beginnt.

"Die CSU will die Menschen mürbe machen, bis sie verschwinden"

Der Landtag wird sich auf Antrag der Grünen am 18. Juni mit dem Thema befassen. Einer Abschaffung der Lagerpflicht seien neben den Grünen auch FDP, SPD und Freie Wähler aufgeschlossen, sagt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Dagegen versuchten „die Hardliner in der CSU mit Innenminister Joachim Herrmann, den Lagerzwang beizubehalten, um die Leute mürbe zu machen, bis sie verschwinden.“

Flüchtlinge dürfen nicht zur Demo gegen Lager reisen

Mittlerweile haben die Ausländerbehörden Flüchtlingen aus Nordbayern sogar verboten, zu den Protesten nach München zu reisen. Wie der Bayerische Flüchtlingsrat berichtet, hätten viele Flüchtlinge keine "Befreiung von der Residenzpflicht" erhalten. Diese umstrittene Regelung verbietet Asylbewerbern, ohne Erlaubnis der Behörden den Landkreis, in dem sie in Sammelunterkünften leben müssen, zu verlassen. Laut Innenministerium rechtfertige der Besuch einer Demonstration nicht die Befreiung von der Residenzpflicht, teilte der Flüchtlingsrat mit. Die Demoteilnahme sei demnach weder im öffentlichen Interesse noch stelle es eine unbillige Härte für die Flüchtlinge dar, wenn sie nicht nach München zur Demo fahren dürften. Ein hochrangiger Vertreter des Innenministeriums habe, so Thal, auf seinen Vorwurf der Zensur lediglich lapidar geantwortet, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nur für Deutsche gelte. "Das ist ein seltsames Demokratieverständnis", sagt Alexander Thal zur Aussage des Innenministeriums.

"Eine Missachtung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit"

Für Alexander Thal ist das Verhalten des Innenministeriums und der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern (ZRS) ein politischer Skandal und ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte: „Das ist eine völlige Missachtung des Grundrechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.“ Damit werde den Flüchtlingen genau von den Behörden, gegen die sich ihr Protest richte, die Teilnahme an den Protestaktionen untersagt, kritisierte Thal. Flüchtlinge, die trotzdem nach München reisen, droht eine Bußgeldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Aus Protest gegen diesen Angriff auf die Menschenrechte hat die katholische Hochschulgemeinde Würzburg für Samstag zusätzlich zur Münchner Demo eine Protestaktion in Würzburg angekündigt: Sie beginnt um 11 Uhr auf dem Domvorplatz unter dem Motto "Freiheit statt Zwang - Für Meinungsfreiheit"! Derzeit müssen in Bayern über 7000 Flüchtlinge in Lagern leben.

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